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Die Leichtathletik-WM 2015 im Blick

66 deutsche Athletinnen und Athleten am Start

Es ist wieder weltmeisterliche Leichtathletik-Zeit. Vom 22.August bis 30.August finden die 15.Leichtathletik-Weltmeisterschaften – seit der Premiere 1983 in Helsinki – statt. Austragungsort ist Peking. In der chinesischen Hauptstadt wird damit – nach den olympischen Leichtathletik-Wettkämpfen 2008 – wieder einmal ein globales Leichtathletik-Ereignis  ausgetragen.

Sechs globale Leichtathletik-Events in Asien

In den letzten 51 Jahren gab es erst sechs Leichtathletik-Großereignisse in Asien – sehr wenig für den bevölkerungsreichsten Kontinent – so die olympischen Wettbewerbe 1964 in Tokyo, 1988 in Seoul bzw. 2008 in Peking und die Weltmeisterschaften 1991 in Tokyo, 2007 in Osaka bzw. 2011 in Daegu. Und nun folgen die WM 2015 in Peking.

Zwiespältige Erinnerungen aus M-V-Sicht

Mecklenburger und Vorpommern haben sehr zwiespältige Erinnerungen an globale Leichtathletik-Events in Asien. 1964 in Tokyo durfte zweimal Silber in Empfang genommen werden. Renate Garisch-Culmberger (SC Empor Rostock) wurde im Kugelstoßen Zweite hinter der für die Sowjetunion startenden Ukrainerin Tamara Press. Die Rostockerin schaffte 17,61 Meter, die Ukrainerin 18,14 Meter. Diese wurde auch im Diskuswerfen die Nummer eins – vor Ingrid Lotz aus Malliß (heutiger Landkreis Ludwigslust-Parchim). Hier ging es allerdings äußerst knapp zu. Der Diskus von Tamara Press landete bei 57,27 Meter, der von Ingrid Lotz bei 57,21 Meter.

Peking 2008 und MV

Die Olympischen Spiele 44 Jahre später, 2008 in Peking, endeten mit einem sportlichen Desaster aus deutscher Sicht. Nur eine Bronze-Medaille durch Christina Obergföll im Speerwerfen war die bescheidene Ausbeute. Aus M-V-Sicht waren folgende Resultate erfreulich: Die einst für den 1.LAV Rostock startende Jonna Tilgner belegte mit der 4 x 400 Meter-Staffel Rang acht. Die gebürtige Rostockerin Denise Hinrichs war im Kugelstoßen am Start (in der Qualifikation 18,36 Meter). Im Speerwerfen langte es für die gebürtige Rüganerin Steffi Nerius zu Rang fünf und im Siebenkampf erreichte Sonja Kesselschläger (SC Neubrandenburg) den 16.Platz.

Die Leichtathletik-WM in Asien aus M-V-Blickwinkel

Bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften in Asien waren die bisherigen Resultate aus M-V-Blickwinkel ebenfalls „durchwachsen“.

In Tokyo 1991 setzten die Läuferinnen vom SC Neubrandenburg die sportiven Akzente. Katrin Krabbe wurde Doppel-Weltmeisterin über die 100 Meter bzw. 200 Meter und erkämpfte zweimal Bronze mit der 4 x 400 Meter-Staffel (u.a. zusammen mit Klub-Kameradin Grit Breuer) bzw. mit der 4 x 400 Meter-Staffel (u.a. zusammen mit den Klub-Kameradinnen Christine Wachtel, auch Platz sechs über die 800 Meter, und Grit Breuer). Grit Breuer lief zudem auf Platz zwei über die 400 Meter.

Bei den Herren konnte der gebürtige Rostocker Christian Schenk außerdem über Bronze im Zehnkampf jubeln. Der Diskuswerfer Jürgen Schult (Schwerin) kam zudem auf Rang sechs.

Osaka 2007 mit zwei Medaillen

Sechzehn Jahre später, bei den WM 2007 in Osaka, errangen die Athletinnen aus M-V zwei Medaillen: Gold im Diskuswerfen für Franka Dietzsch (SC Neubrandenburg) und Bronze im Speerwerfen durch die gebürtige Rüganerin Steffi Nerius. Im Kugelstoßen waren vordere Platzierungen zu verzeichnen: Rang fünf für Petra Lammert (SC Neubrandenburg) und Platz sechs für Ralf Bartels (SC Neubrandenburg).

Martina Strutz mit Silber in Daegu

Bei den WM 2011 in Daegu freute sich dann eine Schwerinerin über Silber im Stabhochspringen. Martina Strutz kam auf 4,80 Meter. Die brasilianische Siegerin Fabiana Murer kam auf 4,85 Meter. Im Speerwerfen belegte Mark Frank (1.LAV Rostock) einen guten achten Platz.

Rückblick auf die olympischen Wettbewerbe 1988

Wie sah es aber bei den olympischen Leichtathletik-Wettkämpfen aus M-V-Sicht ein Jahr vor der „Wende“ aus, bei den Olympischen Spielen 1988 in Seoul?!

Olympische Leichtathletik-Wettkämpfe 1988 – das waren auch erfolgreiche Entscheidungen aus Sicht der Sportlerinnen sowie der Sportler, die entweder in Mecklenburg-Vorpommern geboren wurden oder für einen Verein in M-V starteten.

So konnten im Zehnkampf Christian Schenk (SC Empor Rostock) und Torsten Voss (SC Traktor Schwerin) Gold und Silber unter sich ausmachen, im Diskuswerfen siegte Jürgen Schult (Sc Traktor Schwerin), der zwei Jahre zuvor 1986 den noch gültigen Weltrekord von 74,08 Metern aufstellte.

Im 800 Meter Lauf gab es das erwartete Duell der beiden Teilnehmerinnen vom SC Neubrandenburg um Rang eins und zwei, Christine Wachtel sowie Sigrun Wodars, das Sigrun Wodars für sich entschied, in der silbernen 4 x 100 Meter-Staffel der DDR standen mit Silke Möller (SC Empor Rostock) und Katrin Krabbe (SC Neubrandenburg/i Endlauf nicht eingesetzt) zwei gebürtige „MV-lerinnen“.

Die Bronzemedaille über 400 Meter-Hürden sicherte sich mit Ellen Fiedler eine gebürtige Demminerin. Silber im Diskuswerfen ging an Diana Gansky, die aus Bergen/Rügen stammt und in der bronzenen 4 x 400 Meter-Staffel war Kirsten Emmelmann aus Warnemünde dabei. Im Siebenkampf konnte Anke Behmer vom SC Neubrandenburg ebenfalls Rang drei belegen.

Ein packendes Rennen gab es außerdem über die 5000 Meter, wobei Hansjörg Kunze vom SC Empor Rostock, damals gerade noch 28 Jahre alt, ebenfalls Bronze erkämpfte. Gegen stärkste Konkurrenz aus Afrika, Nordamerika und Südeuropa. Kaum zu glauben, dass dieses schon 27 Jahre zurückliegt …

Wie war das damals jedoch?!

Nachgefragt (Dezember 2009) bei Hansjörg Kunze

„Seoul war schon ein einmaliges Erlebnis …“

Frage: Was waren – im Rückblick – für Sie die Höhepunkte in Ihrem sportlichen Leben ?

Hansjörg Kunze: Zweifellos sind die beiden WM-Medaillen und meine Olympia-Medaille, die bei mir zu Hause im Schrank gut aufgehoben sind, die sportlichen Edelmetalle, die für mich besonders „schwer wiegen“ und natürlich einen besonderen Wert haben.

Aber Seoul 1988 bleibt schon ein einmaliges Erlebnis, allein die olympische Atmosphäre war beeindruckend. Das Rennen über die 5000 Meter war dabei außerordentlich hart und ich war sehr froh und glücklich hinter John Ngugi aus Kenia und Dieter Baumann aus der Bundesrepublik Bronze erkämpft zu haben, noch vor solchen Weltklasse-Läufern wie Domingos Castro aus Portugal, Sydney Maree aus den USA, Jack Buckner aus Großbritannien oder Stefano Mei aus Italien.

Aber an mein internationalen Einstieg erinnere ich mich gern … Beim Europacup 1979 gab es gleich einen ersten Platz. Einen besonderen Wert in meiner Läufer-Karriere hat auch der Europarekord 1981 in Rieti als ich den Anfang der 1980er Jahre dominierenden Henry Rono aus Kenia bezwingen konnte.

Frage: Der Langstreckenlauf, Antenne MV und AIDA – alles Begriffe, die mit Ihnen in Verbindung gebracht werden. Wie verlief Ihre Entwicklung vom rasenden Langstreckler über den rasenden Reporter hin zum „rasenden AIDA-Mann“? Immer geradlinig?

Hansjörg Kunze: Auf den ersten Blick sieht meine Entwicklung stetig aus, aber der Übergang vom Leistungssport, Studium in das praktische Berufsleben war dann doch alles andere als problemlos. Ich musste mich ebenfalls, wie viele andere in diesem Land, Anfang der 1990er Jahre beruflich neu orientieren, erhielt vom privaten Radiosender Antenne MV eine Chance, die ich nutzte.

Ich wurde dort Chefreporter und war zuständig für das Reporter- und Nachrichten-Team. Diese 12 Jahre bei Antenne MV in Plate waren faktisch meine zweite erfolgreiche Karriere, eine Tätigkeit, die sehr anspruchsvoll, aber immer interessant und vielseitig war. Meine dritte Karriere begann dann bei AIDA 2004. Dort bin ich Pressesprecher und ebenfalls für den Marketing-Bereich zuständig. Auch das ist eine spannende Aufgabe.

Frage: Ihre große Zeit – sportlich gesehen – waren die 1980er – mit Olympia-Teilnahmen 1980 und 1988, WM-Bronze über 10000 Meter 1983/1987 und Olympia-Bronze 1988. Der Olympia-Boykott der meisten realsozialistischen Länder 1984 verhinderte den möglichen Start in Los Angeles, es blieben nur die „Wettkämpfe der Freundschaft“ in jenem Jahr. Wie bewerten Sie rückblickend den Olympia-Boykott der meisten Länder des real existierenden Sozialismus ?

Hansjörg Kunze: Das war für mich eine ganz bittere Entscheidung, die von politischer Seite getroffen wurde. Ich lief ja zu jener Zeit sehr gute Zeiten, hatte im vorolympischen Jahr WM-Bronze bei den ersten Leichtathletik-WM in Helsinki gewonnen und durfte berechtigte Hoffnungen auf eine vordere Platzierung in Los Angeles hegen.

Ich wurde, wie Hunderte anderer Sportler um einen sportlichen Höhepunkt betrogen. Es zeigt mir, dass ich in einem gesellschaftlichen System lebte, in dem einiges nicht in Ordnung war, denn diese politische Entscheidung richtete sich gegen die eigenen Sportler. Ich hörte vom beschlossenen Olympia-Boykott im Mai 1984 im Auto-Radio, als ich gerade auf dem Weg nach Rostock war…

Das alles ist aber Sportgeschichte.

Nun gilt es, für die 66 Athletinnen und Athleten des Deutschen Leichtathletik-Verbandes, darunter die Schweriner Stabhochspringerin Martina Strutz, erfolgreich bei den WM in Peking zu bestehen…

Text/Foto: Marko Michels


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