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„…Weit mehr als ein bisschen Herumhopsen mit dem Ball zu schöner Musik!“

Sportgymnastin Jana Berezko-Marggrander über ihr leistungssportliches Karriere-Ende, die Höhepunkte in ihrer sportlichen Laufbahn, das Reizvolle an ihrer Sportart und nächste Ziele

Eine der besten Rhythmischen Sportgymnastinnen in Deutschland der letzten 20 Jahre beendete gerade ihre leistungssportliche Karriere: Jana Berezko-Marggrander vom TSV Schmiden, Jahrgang 1995, die neunzehnmal deutsche Meisterin wurde, bei den Olympischen Jugend-Sportspielen 2010 in Singapur Bronze gewann, bei den Junioren-EM ebenfalls 2010 dreimal Bronze schaffte und als erste deutsche Sportgymnastin an zwei Olympischen Spielen, 2012 in London und 2016 in Rio, teilnahm.

Bereits als 21jährige sagt Jana Berezko-Marggrander dem Leistungssport „adè“…

Nachgefragt

Jana Berezko-Marggrander über ihr leistungssportliches Karriere-Ende, die Höhepunkte in ihrer sportlichen Laufbahn als Rhythmische Sportgymnastin, das Reizvolle an ihrer Sportart, die weitere „Bindung“ zur RSG und neue persönliche bzw. berufliche Ambitionen

 „…Weit mehr als ein bisschen Herumhopsen mit dem Ball zu schöner Musik!“

Frage: Erst einmal ein Danke für viele erfolgreiche Jahre in der Rhythmischen Sportgymnastik. Warum denn jetzt schon der Abschied vom Leistungssport? Wäre Tokyo 2020 nicht noch ein weiteres lohnendes Ziel gewesen?

Jana Berezko-Marggrander:  Mein Gefühl sagte mir, dass es nun an der Zeit ist, einen anderen Weg zu gehen. Ich bin keine 16, 17 oder 18 mehr. Ich möchte mich auch als Mensch auf einem anderen Feld beweisen. Ich hatte mir immer offen gelassen, bis 2020 weiter zu machen. Drei Olympiateilnahmen wären ein reizvolles Ziel gewesen.

Aber die Rahmenbedingungen haben sich nicht zuletzt durch die Spitzensportreform sehr verändert. Und das nicht gerade zum Vorteil der Athleten und des Sports. Vor Rio war ich immer nur auf die Spiele fixiert. Danach bin ich mit dem Kopf aber an einem anderen Punkt angekommen und habe mir die Frage gestellt, welchen Sinn es denn noch macht, unter diesen Bedingungen das Projekt Tokio 2020 überhaupt anzupacken.

Nachdem mir im Dezember gesagt worden war, was mich 2017 erwarten würde, wurde mir von Tag zu Tag klarer, was dies für mich und meine Zukunft eigentlich bedeutet hätte.

Frage: Was sind für Sie nun die ganz besonderen Momente in Ihrer Karriere als Sportgymnastin gewesen? An welche Wettkämpfe denken Sie besonders gern zurück?

Jana Berezko-Marggrander: Da ist zum einen meine erste Teilnahme an den Olympischen Spielen in London 2012. Die olympische Atmosphäre, das ganze Drumherum, die allgegenwärtige öffentliche Aufmerksamkeit und die vielen überragenden Sportler aus allen Nationen. Das war und ist für mich unbeschreiblich, ich habe das einfach nur genossen.

Ein weiterer Punkt war die Qualifikation beim olympischen Test-Event in Rio, wo lange Zeit nicht feststand, ob ich mich für die Olympischen Spiele von 2016 qualifiziert hatte. Als ich dann die erlösende Nachricht im Bus zum Hotel bekam und sich alle in den Armen lagen, aus tiefer Enttäuschung kommend in wenigen Sekunden zu purem Glücksgefühl, das werde ich wohl nie vergessen.

Und dann natürlich die Spiele selbst in Rio de Janeiro, die ich fast noch mehr genießen konnte als die von London. Denn ich war von diesem Moment an die erste deutsche Gymnastin, die auf zwei Olympia-Teilnahmen und auf einen Start bei der Jugend-Olympiade verweisen kann. Darauf bin ich wirklich stolz.

Doch es gibt auch ganz andere große Momente als Sportler. Wenn man zum Beispiel plötzlich realisiert, dass man zum Vorbild für viele junge Nachwuchs-Gymnastinnen geworden ist, die ganz genau beobachten, was man tut und vor allem wie man es tut.

Man spürt plötzlich ganz viel Verantwortung für Menschen, die man eigentlich gar nicht kennt.

Frage: Was war für Sie stets das Faszinierende an der Rhythmischen Sportgymnastik? Und: Werden sie der Sportgymnastik eventuell als Übungsleiterin oder Trainerin erhalten bleiben?

Jana Berezko-Marggrander: Das Faszinierende an der Rhythmischen Sportgymnastik ist ihre Vielseitigkeit. Für ein Mädchen ist es, wie ich finde, der schönste Sport überhaupt. Die Musik, der Ausdruck, aber auch die enorme Athletik, die dieser Sport erfordert.

Es ist eben nicht, wie viele denken, ein bisschen Herumhopsen mit dem Ball zu schöner Musik. Es ist harte, sogar sehr harte körperliche Arbeit. Der Rhythmischen Sportgymnastik  will ich nicht ganz den Rücken kehren. Ich könnte mir zum Beispiel durchaus eine Nebentätigkeit als Nachwuchstrainerin vorstellen.

Aber nicht mehr auf höchstem sportlichen Niveau, zumindest im Moment nicht. Denn ich habe schließlich meine ganze Kindheit und Jugend beim Training in Hallen verbracht.

Frage: Wie geht es jetzt für Sie weiter? Haben Sie berufliche Pläne?

Jana Berezko-Marggrander: Ich verlagere meinen Lebensmittelpunkt wieder zurück in die Nähe von Karlsruhe. Und ich freue mich auf ein Leben außerhalb der Sporthalle. Darauf, mehr Zeit für „normale“ Menschen zu haben. Also keine Sportler oder RSG-Mädels.

Enge Freundschaften kamen bei mir bisher ja meistens nur über den Sport zustande. Beruflich bin gespannt darauf, was das Leben sonst noch zu bieten hat. Ich habe auch schon einige Ideen und Pläne im Kopf, was ich gerne machen möchte und ich habe auch bereits ein paar Angebote erhalten.

Ich bin jedenfalls für alles offen. Bis September werde ich versuchen, in möglichst viele Bereiche hineinzuschauen und herauszufinden, was am besten zu mir passt. Dieses dann tatsächlich auch in Angriff zu nehmen, das ist mein Plan.

Vielen Dank, dann weiterhin alles erdenklich Gute, persönlich und beruflich, und maximale Erfolge für alle Vorhaben!

Marko Michels

Foto (Michels): Die Rhythmische Sportgymnastik hat auch in M-V eine gute Tradition. Sportgymnastinnen bei einem interkulturellen Sportfest in Schwerin.

 

 

 

 

 


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