Von Stockholm 1912 nach London 2012
Der Moderne Fünfkampf feiert einen runden olympischen Geburtstag …
Die Weltmeisterschaften im Modernen Fünfkampf im Mai 2012 in Rom waren noch einmal ein echter Härtetest, eine Generalprobe vor den olympischen Wettbewerben am 11.August (Herren-Einzel) und am 12. August (Damen-Einzel) in London. Für das deutsche Team gab es dabei viele erfreuliche Resultate, so wurde die Damen-Staffel mit Lena Schöneborn, Annika Schleu sowie Janine Kohlmann Weltmeister, die Herren-Staffel mit Delf Borrmann, Alexander Nobis und Stefan Kollner belegte hinter Südkorea Platz zwei.
Die Einzel-Konkurrenzen gingen an Alexander Lesun (Russland) und Mhairi Spence (Großbritannien). Die Team-Goldmedaillen sicherten sich Italien (Männer) sowie Großbritannien (Frauen) und die Nummer eins im Mixed-Wettbewerb war die Ukraine.
Insgesamt dominierten bei den WM 2012 in Rom Großbritannien mit 2 x Gold, 2 x Bronze vor Russland mit 1 x Gold, 3 x Silber, 1 x Bronze. Deutschland folgt auf Platz drei des Medaillen-Rankings mit 1 x Gold, 1 x Silber. Sehr stark waren auch die koreanische Mannschaft mit 1 x Gold, 2 x Bronze und die chinesische Mannschaft mit 2 x Silber, 2 x Bronze. Weitere Medaillen errangen Italien und die Ukraine (je 1 x Gold) und Ungarn (1 x Silber).
Damit führt im ewigen WM-Medaillenranking seit 1949 – erste WM in Stockholm – Russland (mit UdSSR) mit 49 x Gold, 46 x Silber, 28 x Bronze vor Ungarn mit 49 x Gold, 40 x Silber, 32 x Bronze, Polen mit 33 x Gold, 16 x Silber, 17 x Bronze, Großbritannien mit 17 x Gold, 14 x Silber, 13 x Bronze, Schweden mit 10 x Gold, 5 x Silber, 11 x Bronze, Deutschland mit 9 x Gold, 16 x Silber, 20 x Bronze, Italien mit 9 x Gold, 16 x Silber, 16 x Bronze und Frankreich mit 9 x Gold, 7 x Silber, 11 x Bronze. Bestes nichteuropäisches Land sind die USA mit 5 x Gold, 7 x Silber, 8 x Bronze.
Seit genau 100 Jahren, seit den Olympischen Spielen in Stockholm 1912 (Premieren-Sieger Gösta Lilliehöök), steht der Moderne Fünfkampf, eine Erfindung des Barons Pierre de Coubertin, gleichzeitig Begründer der der Olympischen Spiele der Neuzeit, auf dem olympischen Programm. Während zwischen 1912 und 1956 vor allem die Skandinaver führend waren, wurden diese ab den 1960ern von den Ungarn, Russen, Tadschiken, Kasachen, Polen oder Italienern abgelöst. Gerade die Ungarn holten im Einzel und im Team zwischen 1960 und 1992 sieben Goldmedaillen. Die Starter der UdSSR/Russlands erkämpften acht Goldmedaillen bis 2008.
Bei den Damen gingen seit der Olympia-Premiere 2000 Gold an Großbritannien (Stephanie Cook), Ungarn (Zsuzsanna Vörös) und Deutschland – dank Lena Schöneborn 2008, die nach Helmuth Kahl (1928 Bronze) und Gotthard Handrick (Gold 1936) die dritte olympische Moderne-Fünfkampf-Medaille für Deutschland erkämpfte. Im olympischen Medaillenspiegel im Modernen Fünfkampf seit 1912 führen Ungarn und Schweden mit jeweils 9 x Gold vor Russland (mit UdSSR) mit 8 x Gold.
Vor 80 Jahren, bei den Spielen 1932 in Los Angeles, sorgte ebenfalls ein Mecklenburger für viel Furore im Modernen Fünfkampf. Der 1909 in Rostock geborene Willi Remer, insbesondere ein guter Schütze und Läufer, wurde seinerzeit Fünfter hinter Johan Gabriel Oxenstierna (Schweden), Bo Lindman (Schweden), Richard Mayo (USA) und Sven Alfred Thofelt (Schweden).
Und auch heute sorgt ein Mecklenburger – als Fecht-Trainer unserer Olympiasiegerin von 2008 im Modernen Fünfkampf Lena Schöneborn – für erfolgreiche olympische Momente in dieser so traditionsreichen und vielseitigen Sportart. Bernd Uhlig, Jahrgang 1942, in Wiek auf Rügen geboren, war 1968 und 1972 Olympia-Teilnehmer der DDR an den olympischen Fechtwettkämpfen – mit dem Degen in Mexico-City bzw. in München. Nun heißt es jedoch knapp drei Monate vor London 2012: Wer wird Olympiasiegerin und Olympiasieger beim 100.olympischen Geburtstag der Sportart?!
Nachgefragt bei Lena Schöneborn, Jahrgang 1986, Olympiasiegerin 2008
„Möchte mein Leistungsvermögen in London optimal abrufen …“
Die WM in Rom war die Generalprobe für London. Wie verlief die WM aus Ihrer Sicht?
Lena Schöneborn: Der Auftakt der WM war sehr emotionsreich und ungewohnt. Ungewohnt, weil der Staffel-Wettbewerb erstmals den WM-Auftakt bildete. Emotionsreich, weil uns der WM-Titel gelang. Leider erwischte ich während der Einzel-Entscheidung keinen guten Start, beim Fechten lief es leider nicht optimal. Allerdings war dann das Combined, der Mix aus Laufen und Schießen, insgesamt gut. Mit dem fünften Platz bin ich schon zufrieden. Insgesamt hatte ich ein positives WM-Feeling, das Mut macht für London.
Wie sieht nun Ihre heiße olympische Vorbereitungsphase aus?
Lena Schöneborn: Es wird noch ein Höhentrainingslager Ende Juni geben, das vier Wochen dauern wird. Außerdem steht ebenfalls ein Einladungswettkampf in Russland auf dem Programm, der gut in die Vorbereitung passt.
Welche Hoffnungen verbinden Sie mit Olympia 2012 ganz persönlich?
Lena Schöneborn: Ich freue mich bereits sehr auf die Eröffnungsfeier und bin gespannt wie diese im Vergleich zu Peking 2008 ablaufen wird. Außerdem habe ich mir vorgenommen, weitere Events und Wettkämpfe in London zu besuchen. Und … Natürlich möchte ich einen guten Wettkampf im Modernen Fünfkampf zeigen.
Nach den 2012er Wettkämpfen: Was sind Ihre Minimal-Ziele?
Lena Schöneborn: Da möchte ich mich nicht abschließend festlegen, gerade im Modernen Fünfkampf gibt es viele Unwägbarkeiten. Mitunter kommt man mit dem Pferd nicht zurecht, dann entscheidet die Tagesform. Es sind ja immerhin fünf anspruchsvolle Disziplinen!
Ich bin daher bestrebt, meine eigene Leistung optimal abrufen zu können und hoffe daher, in London topp-fit zu sein. Wenn es dann zu einer vorderen Platzierung reicht, bin ich sehr, sehr glücklich. Die Weltspitze ist ja auch im Modernen Fünfkampf eng zusammengerückt.
Marko Michels
Info: Olympiasiegerin Lena Schöneborn errang bei internationalen Meisterschaften – WM und EM – insgesamt 20 Medaillen (bei EM: 2 x Gold, 4 x Silber) und bei WM (Juniorinnen/Elite 5 x Gold, 4 x Silber, 5 x Bronze). Zuletzt gewann Lena auch den Einzel-Weltcup in Charlotte/USA.