Skip to main content

Von 1990 nach 2015: Der Kanu-Rennsport

Vor 25 Jahren starteten bei den Kanu-WM noch zwei Deutschländer

Zwei maritime Sportarten haben eine besondere Tradition in Mecklenburg-Vorpommern, speziell in Rostock – einerseits das Rudern, andererseits der Kanu-Rennsport.

Traditionsreiche Sportarten in M-V

Mit beiden Sportarten sind eine Menge Namen verbunden, bekannte und weniger bekannte. Wo stünde der Rostocker Rudersport heute, hätte es nicht das tatkräftige Engagement eines Karl Lorke, eines Bernd Meerbach oder eines Herbert Nolte gegeben?! Was wäre der Kanu-Rennsport in Neubrandenburg ohne Enthusiasten wie Rüdiger Helm oder Klaus Dittmer?! Nur ein paar Namen von vielen, ohne die beide olympischen Sportarten so nicht mehr hierzulande existieren würden und die sich dennoch nie in den Vordergrund drängen und drängten.

Vor 25 Jahren – Die WM im Kanu-Rennsport in Poznan

Vor inzwischen einem Vierteljahrhundert fanden die Weltmeisterschaften im Kanu-Rennsport in Poznan statt. Zum letzten Mal starteten die Kanutinnen und Kanuten aus Deutschland-Ost und Deutschland-West getrennt.

22 WM-Titel wurden seinerzeit vergeben und zwei Länder, die heute von der „Landkarte“ verschwunden sind, gaben den kanurennsportlichen Ton an: die Sowjetunion mit 17 Medaillen, darunter 9 x Gold, und die DDR mit 12 Medaillen, darunter 5 x Gold. Ungarn folgte mit 11 Medaillen, darunter 2 x Gold, knapp dahinter. WM-Titel sicherten sich 1990 auch Westdeutschland (dank M-V-Hilfe!), Dänemark, Italien, Frankreich, Norwegen und Großbritannien. Auch die USA freuten sich über WM-Edelmetall (3 x Silber) – wie insgesamt 17 Länder.

Starkes M-V-Team

Ganz stark waren in Poznan`90 die Starterinnen und Starter aus M-V bzw. „mit MV-Wurzeln“. Auf deren „sportliches Konto“ gingen 4 x Gold, 1 x Silber, 6 x Bronze (!).
Gro0en Anteil daran hatten die Frauen. Die gebürtige Warenerin Katrin Borchert, die schon für die KG Essen, also „Noch-Deutschland-West“, teilnahm, erkämpfte 1990 einmal Gold (K 1 über 500 Meter) und jeweils zweimal Bronze (K 2 über 500 Meter und K 4 über 500 Meter). In den K 2- und K 4-Disziplinen saß Katrin Borchert mit Monika Bunke (ebenfalls bis 1989 SC Neubrandenburg, damals auch schon für die KG Essen am Start) in einem Kajak.

Und zwei Athletinnen, deren sportliche Karrieren maßgeblich mit dem SC Empor Rostock verbunden waren, erkämpften bei den WM 1990 sogar dreimal WM-Gold: Ramona Portwich und Anke von Seck. Die beiden Athletinnen belegten jeweils Platz eins im K 2 über 500 Meter, im K 2 über 5000 Meter und im K 4 über 500 Meter (dort zusammen mit Silke Bull, ebenfalls SC Empor Rostock). Und jedesmal wurden die Ungarinnen um Eva Donusz und Erika Meszaros auf Rang zwei verwiesen.

Medaillen 1990 konnten jedoch auch die M-V-Herren erringen, so der bereits 2004 an Leukämie verstorbene Thomas Zereske (SC Neubrandenburg), Silber im C 1 über 500 Meter bzw. Bronze im C 1 über 1000 Meter, und Torsten Krentz (SC Neubrandenburg), jeweils Bronze im K 1 über 10000 Meter und im K 4 über 1000 Meter.

Für das einzige deutsche Kanu-Gold bei den WM 1990 sorgten dann noch Ulrich Papke/Ingo Spelley im C 2 über 1000 Meter.

Das internationale Kräfteverhältnis im Kanu-Rennsport 1990

Blickt man auf die einzelnen kanurennsportlichen Disziplinen der 1990er WM, „Canadier der Herren“, „Kajak der Herren“ und „Kajak der Damen“, so ergibt sich folgendes Bild:
Die damalige Sowjetunion war bei den „Canadiern“ das „Maß aller Dinge“ mit 5 x Gold, 3 x Bronze. Ähnliches gilt für die „Herren-Kajak-Entscheidungen“. Hier waren die Kanuten der „Sbornaja“ mit 4 x Gold, 2 x Silber, 1 x Bronze vorn.

Und bei den Kanutinnen waren die Deutschländer mit 4 x Gold, 3 x Bronze die Nummer eins.

Europa setzte in Poznan 1990 die kanurennsportlichen Akzente. Der „alte Kontinent“ holte 61 der insgesamt 66 Medaillen. Nur die bereit erwähnten USA (3 x Silber, Mike Herbert im K 1 über 500 Meter, Greg Barton im K 1 über 1000 Meter und Mike Herbert/Terry Kent im K 2 über 500 Meter)), Neuseeland (1 x Silber, Ian Ferguson/Paul Mac Donald im K 2 über 10000 Meter) und Australien (1 x Bronze, Martin Hunter im K 1 über 500 Meter) gelang es, die europäische Phalanx zu durchbrechen.

Resümee mit Blick 2015

25 Jahre später lässt sich resümieren: Nach wie vor sind Russland als Rechtsnachfolger der UdSSR, Ungarn und auch das vereinte Deutschland die führenden Nationen im Kanu-Rennsport. Der Kanu-Rennsport ist dabei eine der wenigen olympischen Sportarten, in denen deutsche Sportlerinnen und Sportler in der Weltspitze mit dominierend sind. Leider gibt es aus M-V-Sicht nicht mehr so zahlreiche internationale Medaillen-Gewinne wie noch 1990, aber seinerzeit wurden bewährte Sportstrukturen viel zu eilfertig zerstört. Der Wiederaufbau wird da einige sportliche Rückschläge mit sich bringen, wie in den letzten drei Jahren deutlich wurde.

Europa ist zudem im Kanu-Rennsport nicht mehr so „top“ dabei. Australien, Neuseeland, Kanada, China oder auch der Gastgeber der kommenden Olympischen Spiele, Brasilien, haben im Kanu-Rennsport enorm aufgeholt.

In diesem Jahr finden übrigens die Weltmeisterschaften im Kanu-Rennsport vom 19.August bis 23.August in Mailand statt. Eine wichtige Standortbestimmung ein Jahr vor Rio mit hoffentlich einigen M-V-Teilnehmern!

Marko Michels


Ähnliche Beiträge