Offener Brief an Frank-Walter Steinmeier von Karin Baumert
Offener Brief an Frank-Walter Steinmeier anlässlich des beabsichtigten Verbotes einer Kundgebung an dem Ort der Veranstaltung der SPD zur „ Heimat Metropole“ im Radialsystem
Sehr geehrter Herr Frank-Walter Steinmeier
Die SPD lädt an diesem Freitag zu einer öffentlichen Veranstaltung zur Metropolenpolitik der SPD ins Radialsystem in Berlin ein. Sie werden dazu als Gast erwartet.
In dem Einladungstext heißt es:„In den Städten entscheiden sich die großen Fragen. Hier entscheidet sich, ob Teilhabe und Aufstieg für alle möglich sind oder ob Herkunft noch stärker die Zukunft der Menschen bestimmt. Hier entscheidet sich nicht zuletzt, ob Integration und damit die soziale und tolerante Gesellschaft gelingen kann. Wie entsteht Heimat im Gewirr der Metropole?“
Wir, das sind die zahlreichen Initiativen in Berlin, arbeiten seit längerem genau zu diesem Thema.
Aus aktuellen Anlässen heraus haben diese Initiativen das Bedürfnis verspürt, diese Veranstaltung mit kreativem Protest zu empfangen. Ich stehe persönlich als Anmelderin einer Kundgebung vor dem Radialsystem in der Verantwortung, diesem Protest eine angemessene Form zu geben.
In dem heutigem Telefonat mit Herrn Bünger vom Polizeiabschnitt 51 in Berlin wurde ich darum gebeten, den Kundgebungsort zu verlegen. In seiner Begründung machte er den Interessenkonflikt zwischen bürgerlichen Rechten der Versammlungs- und Meinungsfreiheit gegen ihre persönlichen Sicherheitsinteressen dafür verantwortlich.
Nun frage ich Sie, Herr Frank-Walter Steinmeier, ob das in ihrem Interesse ist? Die Veranstaltung ist öffentlich, das Thema von allgemeinem Interesse und die Lösung nur gemeinsam anzupacken. Wir würden gern mit einigen Transparenten und Flyern Sie und die Gäste der Veranstaltung mit unserer Kundgebung begrüßen und ihnen auch gute Wünsche mit auf den Weg geben. Das sehe ich persönlich, auf der Grundlage der in unserem Gesellschaftssystem verbrieften bürgerlichen Rechte für angemessen und zeitgemäß an. Gerade unsere Bundesregierung verteidigt die Menschenrechte an vielen Orten dieser Welt, darum gehe ich davon aus, dass auch zu Hause dem nichts entgegensteht. Oder befürchten sie vielleicht doch, dass sie persönlich für eine Politik in Verantwortung genommen werden könnten, die immer mehr Menschen in das soziale Abseits abdrängen und für ihre Armut stigmatisieren? Wollen sie lieber „unter sich bleiben“ oder diese zu Recht von ihnen als „große Fragen der Zeit“ beschriebenen Themen unter Mitwirkung der davon Betroffenen zulassen?
Mit dem Abschnitt 57 bin ich so verblieben, dass ich die Anmeldung für den Ort aufrecht erhalten werde und sie persönlich um eine Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse nach Versammlungs- und Meinungsfreiheit und ihren Sicherheitsinteressen bitten werde. Da mir keine persönliche Zugang zu ihnen vorliegt, schicke ich ihnen meine Frage, angesichts des Zeitdruckes als offenen Brief über die Presse. Den Kontakt zu mir finden sie auf meiner Homepage: www.urbanoptimist.de
Ganz im Sinne einer toleranten und solidarischen Gesellschaft,
freundlich Karin Baumert