Meisterlicher Sport zwischen Kazan und Rio
Erfolge ebenfalls für M-V
Der Sport pulsiert in diesen Tagen… So gab es am 1., 2. und 3.August einige wichtige Entscheidungen.
Die Schwimm-WM in Kazan im Blick
Bei den 16.WM im Schwimmen in Kazan gab es am 2./3.August die ersten acht Entscheidungen im Becken-Schwimmen. Dabei sicherten sich 16 Länder bereits Edelmetall, darunter sieben Staaten eine oder mehrere Goldmedaillen.
Frankreich konnte bislang zweimal jubeln, über die Erfolge von Florent Manaudou über 50 Meter Butterfly und die 4 x 100 Meter Freistil-Staffel der Herren. Australiens Damen sicherten sich indes WM-Gold über die 4 x 100 Meter Freistil-Staffel der Damen.
Mit Weltrekorden triumphierten Sarah Sjöström (Schweden) über 100 Meter Butterfly in 55,64 Sekunden und Katinka Hosszu über 200 Meter Lagen in 2:06,12 Minuten. Deutsche Schwimmerinnen und Schwimmer gelangten noch nicht auf das Podest.
Auch im Triathlon und beim Rettungsschwimmen gab und gibt es sportliche Highlights…
Triathletin Anne Haug mit Olympia-Ticket
So informierte Oliver Kubanek, Referent der Deutschen Triathlon-Union, darüber, dass Anne Haug aus Bayreuth für die Olympischen Spiele 2016 in Rio de Janeiro planen kann. Die 32-Jährige schaffte beim Test-Event an der brasilianischen Copacabana über die olympische Triathlon-Distanz von 1500 Metern Schwimmen, 40 Kilometern Radfahren und zehn Kilometern Laufen nach 2:00:57 Stunden mit Rang sieben die Qualifikationskriterien der Deutschen Triathlon Union und des DOSB.
Bei den Herren konnte keiner aus dem Trio der deutschen Triathlon-Nationalmannschaft unter die ersten Acht kommen und sich für Olympia 2016 qualifizieren. Bester DTU-Starter war Gregor Buchholz (Saarbrücken, 1:51:00 Stunden) als 22. Die Rennen in Rio gewannen die amtierenden Weltmeister Gwen Jorgensen (USA, 1:58:47 Stunden) und Javier Gomez (ESP, 1:48:26 Stunden). „Wir haben das Ziel Olympia-Qualifikation mit Annes toller Leistung geschafft. Das ist hervorragend“; sagte DTU-Cheftrainer Ralf Ebli. „Gut zu sehen war auch, dass der schwere Kurs in Rio Anne liegt.“
Des Weiteren gab es erfreuliche Schlagzeilen aus dem Bereich des Rettungsschwimmens.
Stralsunder Rettungsschwimmer mit Gold
Hierzu Martin Holzhause, Referent für Öffentlichkeitsarbeit bei der DLRG: Danny Wieck und Christian Ertel von der DLRG Stralsund haben am Montag (3.8.) bei der Europameisterschaft der Rettungsschwimmer in Swansea (Großbritannien) drei Medaillen für Deutschland gewonnen. Wieck avancierte mit zwei Mal Gold zu einem der Besten des ersten Tages im deutschen Team, Ertel holte je einmal Gold und Silber.
Den ersten Titel gewannen die Stralsunder gemeinsam in der 4x50m Hindernisstaffel. Später siegte Wieck, der in Warendorf Sportsoldat ist, in der kombinierten Rettungsübung. Ihm im Nacken saß dabei Mannschaftskamerad Ertel, der den Doppelerfolg für das DLRG Nationalteam perfekt machte. „Danny war heute einfach zu stark, wir haben uns gegenseitig wirklich gepuscht und ich bin am Ende sehr guter Zweiter geworden“, sagte der 24-Jährige, der in Berlin studiert.
„Zwei Titel gleich zum Auftakt des Turniers – so kann es gern weitergehen“, kommentierte Doppelweltmeister Wieck sein Abschneiden am ersten Wettkampftag.
Insgesamt erzielte die Nationalmannschaft der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) sieben Podiumsplätze zum Auftakt der EM in Swansea. Am Dienstag stehen weitere Wettbewerbe in den Pool-Disziplinen auf dem Programm. Nach einer Pause am Mittwoch kämpfen die Rettungsschwimmer am Donnerstag und Freitag in den Freigewässer-Disziplinen um Medaillen und Punkte für die Nationenwertung.
M-V-Erfolge im Triathlon und in der Leichtathletik
Aus „weiterer M-V-Sicht“ sorgte der Rostocker Michael Raelert für einen Triumph beim Frankfurter City-Triathlon und die U 18- bzw. U 20-Athletinnen aus dem Nordosten schafften sehr gute Resultate bei den Deutschen Jugend-Meisterschaften in Jena. Zu Erfolgen kamen unter anderem Tom-Linus Humann (Schweriner SC) im Stabhochsprung, Claudine Vita im Kugelstoßen/Diskuswerfen, Peer Sönksen über 3000 Meter, Patrick Müller im Kugelstoßen und die 4 x 100 Meter Staffel der Frauen ( U 20 / alle SC Neubrandenburg).
Waldemar wurde 65…
Ein Leichtathlet, der genau vor 35 Jahren für Furore sorgte, feierte heute seinen „65.“ – Waldemar Cierpinski.
Ein Rückblick…
Die Olympischen Spiele 1980 (19.7.1980-3.8.1980) wurden vom Boykott vieler westlicher Länder überschattet. Nachdem die Sowjetunion im Dezember 1979 Afghanistan besetzte, beschloss US-Präsident Jimmy Carter einen Boykott der Spiele, dem sich einige Alliierte und Verbündete, darunter Japan, die Bundesrepublik, Kanada, Kenia, aber auch die Volksrepublik China, anschlossen.
Damit setzte sich die Reihe unsinniger politisch motivierter Boykott-Maßnahmen gegen Olympia fort: Bereits 1976 gab es einen Boykott afrikanischer Staaten; 1984 nahmen einige Ostblock-Staaten, darunter die UdSSR, die DDR oder Kuba, nicht an den Spielen in Los Angeles teil.
Dennoch: Die Olympischen Spiele in Moskau vom 19.Juli bis 3.August sorgten für hochklassigen Sport und unvergessene Momente auch aus M-V- Sicht.
Mehr als 5200 Athletinnen und Athleten aus 81 Ländern nahmen in Moskau teil. Auf dem Programm standen 203 Wettbewerbe in 23 Sportarten. 5,5 Millionen Zuschauer verfolgten die Wettbewerbe, die Segel-Regatten fanden vorTallinn statt, live. Rund 2 Millionen besuchten die Fußballspiele in Moskau, Minsk, Leningrad und Kiew.
Am Ende lag das Team der UdSSR mit 80 x Gold klar der DDR mit 47 x Gold, Bulgarien, Kuba sowie Italien mit je 8 x Gold, Ungarn mit 7 x Gold, Rumänien bzw. Frankreich mit je 6 x Gold, Großbritannien mit 5 x Gold und Polen mit 3 x Gold. Insgesamt kamen 36 Länder zu Medaillen-Ehren.
Übrigens: Berücksichtigt man ausschließlich die Einzel-Wettkämpfe und die Herkunft der verschiedenen Starterinnen und Starter aus den einzelnen Sowjetrepubliken, so war die Russische Föderative Sowjetrepublik genau so erfolgreich wie die DDR. Die anderen Olympiasiege der UdSSR verteilen sich u.a. auf die damaligen Sowjetrepubliken Ukraine, Weißrussland, Georgien, Kasachstan, Kirgisien oder die baltischen Republiken.
Für ganz besonders unvergessene Momente sorgte Waldemar Cierpinski, dem es als zweitem Läufer der Welt gelang – nach Abebe Bikila 1960/64 – den Marathonlauf bei Olympia zweimal zu gewinnen. Bereits 1976 in Montreal war Waldemar Cierpinski die Nr.1 über die 42,195 Kilometer.
Der Mann mit dem langen Atem lief sich damit in die Sportgeschichte.
Und genau dieser Marathon-Mann wurde am heutigen 3.August junge 65 …
Interview mit dem Marathon-Mann dazu aus dem Jahr 2010
„Jeder olympische Erfolg war auf seine Weise sehr schön…“
Frage: Herr Cierpinski, Montreal 1976 und Moskau 1980. Wenn Sie beide Marathon-Entscheidungen miteinander vergleichen, was waren die besonderen Momente während dieser beiden Läufe für Sie persönlich ?
Waldemar Cierpinski: Der Erfolg bei den Olympischen Spielen 1976 in Montreal, als ich völig überraschend gewann, war der nachhaltigere. Zunächst einmal gab es während des Laufes die vielen kleinen Details, die besondere Glücksgefühle hervorriefen. Da war der harte Kampf mit Frank Shorter, der natürlich viel Kraft kostete. Ich war ja damals als Außenseiter nach Montreal gefahren, war dann erst einmal froh gewesen, dass ich mich in der Spitzengruppe so gut halten konnte. Meine Motivation war ja, gut durchzukommen. Erst ab den 40.Kilometer war ich mir sicher, dass ich sogar gewinnen konnte – und es gelang.
In Moskau, vier Jahre später, startete ich hingegen als Mit-Favorit. Das war im Vergleich zu 1976 um so härter. In Montreal gab es noch die jugendliche Freude, man ging unbekümmert in den Lauf. In Moskau gehörte man eben zu den ganz vorn erwarteten Läufern. Aber jeder olympische Erfolg war auf seine Weise ungemein schön.
Frage: Sie waren vor Ihrer Marathon-Karriere ein erfolgreicher Mittelstreckler bzw. Hindernisläufer. Waren Ihnen diese Strecken zu kurz oder wollten Sie ganz einfach „etwas Neues“ ausprobieren und blieben „eher zufällig“ beim Marathonlaufen ?
Waldemar Cierpinski: Als Jugendlicher war ich bereits bester Deutscher über die 7,5 Kilometer mit einer Zeit von 23:03. Und als Jugend-Kader A lief ich auch die 15 Kilometer in einer 48er Zeit, also somit der Schnellste.
Ich hatte also beste Voraussetzungen für die Langstrecken. Der Hindernislauf war praktisch ein „Umweg“ hin zum Marathon. Auch hier war ich im jugendlichen Alter Bester über die 2000 Meter-Hindernis. In der Folgezeit war die Situation in der DDR-Leichtathletik so, dass ein guter Hindernisläufer fehlte. Ich wurde also Kader im Hindernislauf, hierfür erhielt ich meine Förderung.
Erst ab 1974 ff. feierten die ambitionierten HindernisläuferFrank Baumgartl, der 1976 Bronze in Montreal gewann, und Jürgen Straub ihren endgültigen Durchbruch zur internationalen Spitzenklasse im Hindernislauf. Jürgen Straub wechselte dann allerdings auch auf die Mittelstrecken und konnte 1980 Silber in Moskau auf den 1500 Metern erkämpfen.
Für mich war also der Weg zum Marathon frei. Meinen ersten Lauf über die 42,195 Kilometer hatte ich dann 1974 in Kosice. Mit meinen ersten Zeiten von 2:20 und 2:16 konnte ich sehr zufrieden sein. Zwar war ich dann bei meine Europacup-Einsätzen in der Zwischenrunde 1975 im Vorderfeld, wurde jedoch beim Finale nicht eingesetzt. Von da an stand für mich fest, dass meine Zukunft beim Marathonlauf liegt
Frage: Die Olympischen Spiele 1976 in Montreal waren aus deutsch-deutscher Sicht sehr erfolgreich. Das Team der DDR gewann 40 Goldmedaillen, die Bundesrepublik 10 – zusammen mehr Gold als die anderen Olympia-Mannschaften. Gab es – trotz des Kalten Krieges – bereits damals zumindest lose Kontakte zu den „Bundis“ ?
Waldemar Cierpinski: Es war schon so, dass offizielle Kontakte zu den westdeutschen Athletinnen und Athleten untersagt waren. Widersetzte man sich, gab es viel Ärger. Am besten fuhr man, wenn man Gespräche mit den Athleten aus dem „Westen“ gleich zugab. Aber wurden Gespräche geführt, das bringt ein sportlicher Wettkampf mit sich.
Die gab es auch mit Günte Mielke vom OSC Berlin, der im April 1976 beim Marathon in Karl-Marx-Stadt startete und nur ganz knapp hinter mir Zweiter wurde. Damals fanden im heutigen Chemnitz die Marathon-Qualifikation von sieben Ländern für Montreal statt, darunter auch die Ausscheidung der Athleten aus der Bundesrepublik. In jenem Jahr hatte ich dann auch im Dezember einen Marathon-Start im japanischen Fukuoka, zu dem ich eingeladen war. Ein unvergessliches Erlebnis.
Frage: Die Olympischen Spiele 1976 und 1980, wie dann auch jene von 1984 hatten ein riesiges Manko. Alle drei Spiele waren boykott-geschädigt. Politiker aus Ost und West missbrauchten die olympische Idee für machtpolitische Ziele: 1976 der Boykott der afrikanischen Staaten, 1980 der Boykott vieler westlicher Länder und 1984 der Boykott vieler Länder des real existierenden Sozialismus.
Ihnen persönlich wurde 1984 die Chance verwehrt, als erster Läufer der Welt 1984 zum dritten Mal Marathon-Olympiasieger zu werden, obwohl sie ein Jahr zuvor – bei den ersten WM 1983 Bronze gewannen – und auch 1984 „super drauf“ waren.
Wie bewerten Sie die im Rückblick die politisch motivierten Nicht-Teilnahmen 1976, 1980 und 1984 vieler Länder ? Was ging 1984 in Ihnen vor, als feststand, dass die DDR auch nicht in Los Angeles starten wird ?
Waldemar Cierpinski: Die Politik hatte sowohl 1976, 1980 als auch 1984 den Sport für ihre Zwecke missbraucht. Die Athletinnen und Athleten bereiten sich ja letztendlich vier Jahre hart und intensiv auf den Höhepunkt einer jeden sportlichen Laufbahn vor, insofern bedeutete jeder Boykott eine Ohrfeige für den friedlichen Wettstreit bei Olympia.
Jeder Boykott bedeutete auch, dass Schatten über den jeweiligen Olympischen Spielen lagen. Das war 1976 so, 1980 als auch 1984. Natürlich ist man nachdenklich, leidet mit den Sportler mit, die nicht teilnehmen durften und als Betroffener, wie ich 1984, ist man natürlich besonders traurig.
Letztendlich ist es aber so, dass man sich am Ende doch auf seinen Wettkampf konzentriert. Das war bei mir gerade 1980 in Moskau so. Mit dem Niederländer Gerard Nijboer war ja auch der Weltjahresbeste 1980 in 2:09:05 mit am Start und es waren jede Menge klasse Läufer in Moskau.
Durch den Boykott wurden ja die Leistungsanstrengungen nicht geschmälert. Sicherlich kann man im Rückblick sagen, wenn derjenige auch dabei gewesen wäre, hätte der Lauf einen anderen Verlauf genommen, aber deshalb auch im Endergebnis?!
Ähnliches läßt sich ja zum olympischen Marathonlauf der Herren 1984 sagen, den der Portugiese Carlos Lopes gewann. Ich hatte mich damals ja auch in 2:12 für den Olympia-Lauf qualifiziert, war ein Jahr zuvor 1983 in Helsinki Dritter geworden, obwohl ich mich dort zurück hielt. Ich wollte nicht als Favorit nach L.A. reisen.
Im Rückblick sage ich mir schon – angesichts des knappen Rückstandes bei der WM-Entscheidung 1983 (34 Sekunden hinter dem australischen Weltmeister Robert de Castella und 10 Sekunden hinter Kebede Balcha aus Äthiopien. – Anm.) – hier hätte ich mehr tun sollen, ja müssen.
Aber der Boykott ein Jahr später war nicht absehbar und letzten Endes kann man im Leben nicht alles beeinflussen. So wie es war, war es schon optimal. Ich bin ungemein glücklich, dass es mir gelang, meinem Vorbild Abebe Bikila nachzueifern und den olympischen Marathonlauf zweimal hintereinander zu gewinnen.
Frage: Sie sind ausgebildeter Diplom-Sportlehrer, waren als Trainer tätig und sind nun Inhaber eines Sportausstatter-Geschäftes, waren und sind dem Sport auch nach Ihrer Marathon-Karriere verbunden. Wie bewerten Sie das Niveau der deutschen Leichtathletik (2010 – red. Anm.)? Was könnte, was müsste bei derTalente-Sichtung noch optimiert werden …
Waldemar Cierpinski: Der Deutsche Leichtathletik-Verband hat eine gute, aber auch eine schlechte Flanke. Hervorragend sind die Werferinnen und Werfer, die stets für gute Erfolge sorgen. Für die Läuferinnen und Läufer wird hingegen noch viel zu wenig getan. Es müsste eine Talente-Förderung über den Deutschen Leichtathletik-Verband und den Deutschen Olympischen Sport-Bund übergreifend erfolgen.
… Denn es sind ja genügend Talente vorhanden, nur werden diese nicht wirklich aufgefangen. Es werden ihnen nach dem Schulabschluss nicht wirkliche berufliche wie finanzielle Perspektiven eröffnet. Die meisten von ihnen müssen nebenbei jobben, um das Geld für Miete oder weitere Lebenshaltungskosten aufzubringen.
Darunter leidet das notwendige, intensive Training, ohne dass kein Aufstieg in die Weltspitze möglich ist. Sicherlich die Sporthilfe ist unterstützend tätig, aber bereits vorher muß einiges geschehen, um die jungen Talente entsprechend zu fördern. Hier bleibt noch viel zu tun.
Frage: Sind Sie eigentlich öfter in Mecklenburg-Vorpommern ?
Waldemar Cierpinski: In der Vergangenheit war ich schon häufiger in Meck-Pomm. Ich war immer sehr gern an der Ostsee, insbesondere auf Hiddensee. Mecklenburg-Vorpommern hat eine so herrlich beruhigende und schöne Landschaft – ideal für einen Läufer. Übrigens: Mein erstes Trainingslager als Jugendlicher hatte ich in Parchim…
Marko Michels / Martin Holzhause (DLRG) / Oliver Kubanek (DTU)
Foto/Michels: Gerade in der Leichtathletik finden im Sport-Sommer 2015 wichtige Wettkämpfe statt…