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Krankenkassenbeiträge auf Betriebsrenten?

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden

Rostock. In der Vergangenheit haben viele Arbeitgeber für ihre Mitarbeiter Betriebsrenten in Form der Direktversicherung als Kapitallebensversicherung abgeschlossen. Nicht immer bestand aber das Arbeitsverhältnis durchgehend bis zum Renteneintritt, so dass die Arbeitnehmer trotz Ausscheiden aus dem Betrieb die Versicherung bis zur Rente selbst weitergezahlt haben.

Bei Auszahlung der Versicherung kam dann die böse Überraschung. Auf die ausgezahlte Summe sollte plötzlich der allgemeine Beitragssatz gezahlt werden. Seit 2004 müssen nämlich auch auf die Summe aus einer solchen Direktversicherung Beiträge zur Krankenversicherung gezahlt werden. Dabei wird der Auszahlungsbetrag auf 120 Monate verteilt und die Betroffenen haben dann die nächsten zehn Jahre auf den so ermittelten monatlichen Betrag Beiträge zu zahlen. Diese Verfahrensweise ist von den Gerichten bisher nicht beanstandet worden. Noch nicht abschließend geklärt waren die Fälle, in denen der Arbeitnehmer die Direktversicherung nach Ausscheiden aus dem Betrieb allein, ohne Beteiligung eines Arbeitgebers, weitergeführt hat. Auch in diesen Fällen wurden Beiträge auf den gesamten Auszahlungsbetrag erhoben. Dabei spielte es keine Rolle, dass ein großer Teil der eingezahlten Beiträge erst nach dem Ausscheiden aus dem Betrieb ausschließlich durch den Arbeitnehmer eingezahlt worden ist.

Einige Betroffene wehrten sich gegen diese Praxis der Krankenkasse. Die Gerichte gaben aber den Krankenkassen recht. Jetzt hat das Bundesverfassungsgericht in einem Beschluss vom 6. Oktober 2010 (Az.: 1 BvR 1660/08) diese Kassenpraxis als verfassungswidrig beurteilt.

Wurde die Versicherung allein weitergezahlt?
Hat ein Arbeitnehmer eine Direktversicherung nach dem Ausscheiden allein weitergeführt, so ist nur der Teil der Kapitalauszahlung beitragspflichtig, der auf die Einzahlungen vor dem Ausscheiden entfällt. Soweit die Auszahlung auf den weiteren Einzahlungen danach beruht, sind diese dagegen nicht beitragspflichtig. Der Auszahlungsbetrag muss deshalb entsprechend aufgeteilt werden.

Wer steht im Versicherungsvertrag?
Eine wichtige Einschränkung hat das Bundesverfassungsgericht in einem weiteren Beschluss (Az.: 1 BvR 739/08) aber für Verträge vorgenommen, bei denen der frühere Arbeitgeber immer noch im Versicherungsvertrag als Versicherungsnehmer genannt ist. Wurde der Vertrag also bei Ausscheiden aus dem Betrieb nicht auf den Versicherten umgestellt, bleibt es bei der bisherigen Verfahrensweise. In diesem Fall ist nach wie vor der gesamte Auszahlungsbetrag beitragspflichtig. Dies gilt auch dann, wenn der Betroffene den Beitrag vollständig aus eigener Tasche bezahlt hat. Entscheidend ist nur, wer als Versicherungsnehmer im Vertrag geführt wird.

Wie geht es weiter?
Viele Betroffene haben in der Vergangenheit schon vorsorglich gegen ihre Beitragsbescheide Widerspruch eingelegt. „Sofern die Verträge auf die jeweiligen Betroffenen umgestellt worden sind, müssen die Krankenkassen in nächster Zeit die ruhenden Verfahren wiederaufnehmen und überzahlte Beiträge zurückerstatten“, erklärt Wiebke Cornelius von der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD) in Rostock. Versicherte sollten sich an ihre Krankenkasse wenden und das weitere Vorgehen erfragen. Für Informationen oder eine persönliche Beratung, können sich Betroffene dienstags oder donnerstags in der Zeit von 9 bis 13 und 14 bis 18 Uhr an die UPD mit Sitz in Rostock in der Strandstraße 98 in den Räumen der Neuen Verbraucherzentrale (Telefonnummer 0381/20870-45) wenden. Die Beratung ist kostenfrei.


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