Skip to main content

Euro-Gipfel: „Gemischte Gefühle bei der deutschen Wirtschaft“

Martin Wansleben vermisst den großen Durchbruch

Eine durchwachsene Bilanz des heutigen Euro-Gipfels in Brüssel zieht Martin Wansleben, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK). Insbesondere bei der Weiterentwicklung des Europäischen Stabilitätsmechanismus fehle die Einigung im Detail.

Wansleben: „Der heutige Euro-Gipfel hinterlässt bei der deutschen Wirtschaft gemischte Gefühle. Der große Durchbruch ist insbesondere bei der notwendigen Weiterentwicklung des Europäischen Stabilitätsmechanismus nicht gelungen.

Wenngleich man sich grundsätzlich auf das Upgrade zu einem Europäischen Währungsfonds mit zusätzlichen Kompetenzen verständigt hat, fehlt die Einigung im Detail. Es sollte dabei klar sein, dass es finanzielle Solidarität nur gegen Reformen geben kann. Sonst entstehen Fehlanreize, die am Ende höhere Steuerbelastungen für Bürger und Unternehmen bedeuten können.

Dagegen ist es eine richtige Entscheidung, für den Europäischen Bankenabwicklungsfonds eine Absicherung zu schaffen. Diese soll mit Krediten einspringen, falls die Mittel des Fonds in einer Krise nicht ausreichen. Vorausgesetzt allerdings, dass diejenigen Mitgliedstaaten, in deren Bankensystemen noch zu viele faule Kredite schlummern, diese auf ein vertretbares Maß reduziert haben.

Im Kompromiss fehlen dagegen Beschlüsse, dass Banken künftig Staatsanleihen zur Risikovorsorge genauso mit Eigenkapital unterlegen werden müssten, wie dies bei Anleihen mittelständischer Unternehmen vorgeschrieben ist.

Dass keine Einigung zu einem Eurozonen-Haushalt erreicht wurde, überrascht nicht. Der deutsch-französische Kompromiss von Meseberg lässt zu viele Fragen offen. Mittel aus einem solchen Topf müssten ebenfalls an Konditionen wie den Einhalt der Maastrichtkriterien oder das Umsetzen von Reformen geknüpft werden. Dann würden zusätzliche Mittel für Zukunftsinvestitionen in den Mitgliedstaaten auf fruchtbaren Boden fallen. Hieran muss noch gearbeitet werden.“

Pressemitteilung / Deutscher Industrie- und Handelskammertag (DIHK)


Aus Verantwortung für Deutschland und Europa

Gemeinsamer Appell der deutschen Wirtschaftsverbände

Angesichts der großen globalen Herausforderungen rufen der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) und der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) die Bundesregierung zu verantwortungsvollem Handeln auf.

Hier der gemeinsame Appell von BDA-Präsident Ingo Kramer, BDI-Präsident Dieter Kempf , DIHK-Präsident Eric Schweitzer und ZDH-Präsident Hans Peter Wollseifer im Wortlaut:

„Mit Sorge blickt die deutsche Wirtschaft auf die Auseinandersetzungen der vergangenen Wochen innerhalb der Bundesregierung. Angesichts der vielfältigen Herausforderungen, vor denen Deutschland und Europa derzeit stehen, fragen sich viele Menschen und Unternehmen, ob die Politik die richtigen Prioritäten setzt. Statt Ringen um die beste Lösung in der Sache erleben wir eine von zentralen Themen der Menschen und Unternehmen zunehmend abgekoppelte Diskussion.

Politik und Gesellschaft dürfen sich nicht entfremden. Die parteipolitischen Streitigkeiten schaden dem Ansehen Deutschlands. Sie schwächen uns auf europäischer sowie internationaler Bühne – und das in einer wirtschaftlich herausfordernden Situation.

Unser Land und unser Kontinent stehen vor großen Herausforderungen – wie der demografische Wandel, der Erhalt unserer Wettbewerbsfähigkeit im globalen Maßstab, die Digitalisierung, der Fachkräftemangel, Handelskonflikte und auch die Fluchtbewegungen nach Europa. Diese erfordern den politischen Willen zu europäischen Lösungen, die nachhaltig und der Zukunft zugewandt sind.

Angesichts der aktuellen weltpolitischen Entwicklungen und ökonomischen Herausforderungen kommt es auf ein gemeinsames Vorgehen innerhalb der Europäischen Union an. Als größter Mitgliedstaat in der Mitte Europas hat Deutschland dabei eine entscheidende Rolle. Die wirtschaftliche Bedeutung Europas gerade für Deutschland ist enorm: Unser Land wickelt 60 Prozent seines Handelsvolumens innerhalb der EU ab. Die deutsche Wirtschaft ist überzeugt, dass nationale Alleingänge mehr Schaden als Nutzen anrichten. Renationalisierung als Antwort auf globale Herausforderungen ist wirkungslos.

Die Europäische Union ist heute der große demokratische Freiheits-, Friedens-, Rechts-, Wirtschafts- und Wohlstandsraum – ohne Beispiel in der Geschichte. Europa ist Teil unserer Identität. Der europäische Integrationsprozess nach dem Zweiten Weltkrieg war eine Erfolgsgeschichte.

Die Idee von Frieden und Freiheit, Marktwirtschaft und sozialem Ausgleich war bislang immer Maßstab für die politisch Handelnden. Sie hat uns ein Leben in Demokratie und Wohlstand ermöglicht.

Keineswegs dürfen wir dieses große europäische Einigungswerk aufs Spiel setzen. Deshalb appellieren wir an die Bundesregierung, sich gleichermaßen ihrer Verantwortung und Rolle für Deutschland in Europa und der Welt bewusst zu werden: Was wir jetzt brauchen, ist eine stabile und entschlossene Regierung, die konstruktiv, lösungsorientiert und besonnen mit ihren europäischen Partnern zusammenarbeitet.“

 


Ähnliche Beiträge