Skip to main content

BGH-Urteil zur Flächenabweichung in Mietwohnung kein Skandalurteil

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seinem Urteil vom 8. Juli 2009 (Az. VIII ZR 205/08) entschieden, dass bei einem Mieterhöhungsverlangen die im Mietvertrag vereinbarte Wohnfläche und nicht die geringere tatsächliche Wohnfläche zugrunde zu legen ist, wenn die Flächenabweichung nicht mehr als 10 Prozent beträgt.

VNW-Pressesprecher Dr. Peter Hitpaß:

„Im Unterschied zu den Äußerungen einiger Mieterverbände halten wir dieses Urteil nicht für einen Skandal. Im Gegenteil: Der BGH folgt mit diesem Urteil seiner bisherigen Rechtsprechung, dass bei Abweichungen zwischen tatsächlicher und mietvertraglich vereinbarter Wohnfläche erst eine Abweichung von mehr als 10 Prozent rechtlich relevant ist. Dies hat der BGH bereits vor fünf Jahren bei einem Mietminderungsanspruch so entschieden. Vor zwei Jahren hat der BGH im Betriebskostenrecht ebenfalls eine 10-prozentige Wohnflächenabweichung noch als vertragsgemäß angenommen. Der Mieter fragt bei Anmietung einer Wohnung gewöhnlich nicht nach dem Quadratmeterpreis, sondern er will diese bestimmte Wohnung zu dem im Vertrag vereinbarten Mietpreis anmieten.

Die 10-Prozent-Regel gilt auch für den umgekehrten Fall, dass die Wohnung zum Nachteil des Vermieters von der im Vertrag vereinbarten Fläche abweicht. Hier haben wir die „Skandal“-Rufe der Mieterverbände vermisst. Beträgt die tatsächliche Wohnfläche also beispielsweise 60 Quadratmeter, sind im Vertrag aber nur 56 Quadratmeter vereinbart, können folglich auch nur die 56 Quadratmeter bei einer Mieterhöhung zugrunde gelegt werden, eindeutig ein Vorteil für den Mieter.

Toleranzen sind nicht nur um Mietrecht geläufig: Im Straßenverkehrsrecht gelten Toleranzen bei Geschwindigkeitsmessungen, im Verbraucherschutzrecht nimmt die Rechtsprechung Toleranzen bei Spritverbräuchen von Autos an, bevor diese einen Mangel des Fahrzeugs darstellen.

Die BGH-Entscheidung ist auch praxisgerecht, da die Berechnung der Wohnfläche teilweise schwierig ist. Nischen, Schrägen, Balkone und deren Berechnung und Anrechnung sind Streitpunkte, die selbst von Fachleuten unterschiedlich bewertet werden. Ein Balkon wird normalerweise mit 50 Prozent seiner Fläche angesetzt, wenn er nicht gerade an einer Hauptverkehrsstraße liegt und deshalb kaum benutzt werden kann.“

Der Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen e.V. vertritt 316 Wohnungsgenossenschaften und -gesellschaften in Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein. In ihren 722.000 Wohnungen leben rund 1,5 Millionen Menschen.


Ähnliche Beiträge