Zwischen Handelskriegen, EU-Krise und Regierungswechseln
Blick auf das große Ganze
Die Welt gerät anscheinend aus den Fugen. Putin in Russland, Trump in Amerika, Merkel in Deutschland, drohende Handelskriege, immer noch hoch verschuldete EU-Staaten, Europa in der Krise, mehr als 40 Kriege und Konflikte weltweit, einstige Volksparteien erodieren. Nur eines ist sicher – dass nichts mehr sicher ist.
In Italien bildete sich eine Mitte-Rechts-Regierung. In Spanien wurde der seit Dezember 2011 amtierende Ministerpräsident von Spanien, Mariano Rajoy durch ein Misstrauensvotum im Parlament „abgewählt“. Die Rechtskonservativen gewannen die Parlamentswahl in Slowenien. In ganz Europa feiern rechtskonservative und rechtsliberale Parteien Wahl-Erfolge. Sozialisten, Sozialdemokraten, Linkskonservative und Linksliberale erleiden hingegen eine Wahlschlappe nach der anderen.
Noch boomt zwar die Konjunktur in Deutschland, aber auch hierzulande – mit Blick auf die Bildungs-, Pflege-, Renten- und Sozialsysteme – liegt einiges im Argen. Es gibt ungelöste Probleme bei der Integration von Migranten, zuständige Behörden und Sicherheitskräfte sind überfordert. Auch bei der Bewältigung von Großprojekten konnte Deutschland in den letzten Jahren kaum glänzen. Ein größeres deutsches Engagement für eine erneuerte EU blieb bislang aus, aber inzwischen, Anfang Juni 2018, stellte Bundeskanzlerin Angela Merkel ihr Reformkonzept für die EU vor.
Wie beurteilt nun aber der Deutsche Industrie- und Handelskammertag Merkels Reformvorschläge und die politischen Querelen in Spanien?!
Statement des Präsidenten des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Erich Schweitzer
Schweitzer: „Die Kanzlerin hat geliefert, jetzt muss bis zum Europäischen Rat am 28. Juni eine europäische Lösung gefunden werden. Denn knapp ein Jahr vor der Wahl zum Europäischen Parlament drängt die Zeit für politische Reformen in der EU.
Dazu zählt auch Merkels Vorschlag, die Wirtschafts- und Währungsunion krisenfester zu machen, indem der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) zu einem Europäischen Währungsfonds weiterentwickelt wird.
Dabei muss aber klar sein, dass Kredite an EU-Mitgliedstaaten nur gegen Auflagen wie Haushaltskonsolidierung und Strukturreformen vergeben werden können. Das stärkt nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit der betroffenen Länder, sondern auch die Absatzmärkte für deutsche Unternehmen. Die Europäische Zentralbank dagegen kann mit ihrer expansiven Geldpolitik letztlich nur Zeit kaufen und einzelne Länder nicht zu Reformen veranlassen.
Sinnvoll ist auch der Vorschlag der Bundeskanzlerin, die wirtschafts- und geldpolitische Steuerung der Eurozone besser aufeinander abzustimmen. Dafür brauchen wir ein gesundes und verlässliches Maß an Investitionen – auch in Krisenzeiten.
Zusätzliche Mittel zur Investitionsförderung innerhalb des EU-Haushalts könnten hierzu einen Beitrag leisten. Aber auch die Vergabe dieser EU-Mittel sollte an die Umsetzung von Reformen geknüpft werden. Euro-Staaten in einer tiefen Krise könnten dann Gelder aus einem solchen Fonds erhalten, der vorher gemeinsam bestückt wurde.
Ziel ist es, zu verhindern, dass staatliche Investitionen krisenverschärfend zurückgefahren werden müssen. Derartige automatische Stabilisatoren haben den Vorteil, dass es keines politischen Entscheidungsprozesses bedarf. Dafür müssten die Regeln aber klar und eindeutig sein.“
Statement des Volker Treier, Außenwirtschaftschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertages
Treier: „Für die deutschen Unternehmen ist die erneute politische Krise in Spanien Grund für Kopfzerbrechen. Nach den Fortschritten beim Konflikt mit der Regionalregierung in Katalonien steigt nun die Unsicherheit wieder.
Hart erarbeitete Erfolge durch die Reformen der letzten Jahre in Spanien könnten auf dem Spiel stehen. Das Land hat sich erstaunlich gut aus der Wirtschaftskrise herausgearbeitet. Die spanische Wirtschaft wächst robust, der private Konsum steigt, und die Arbeitslosigkeit sinkt.
Das wirkt sich positiv auf die deutsch-spanischen Wirtschaftsbeziehungen aus. 2017 stieg das bilaterale Handelsvolumen um 9 Prozent auf 75 Milliarden Euro. Die in Spanien aktiven deutschen Unternehmen berichten in der letzten Umfrage der AHK Spanien von guten Geschäftsaussichten und expansiven Investitionsplänen.“
M.Michels / Statements – Pressemitteilung des DIHK