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Olympiasiegerin Lena Schöneborn über ihr Sportjahr 2010

Für die Moderne Fünfkämpferin war das zurückliegende Jahr ein optimales

Lena Schöneborn (rechts) im Gespräch mit Bundestrainerin Kim Raisner.

Deutschlands Frauen müssen es in diesem Sportjahr reißen. Zeigten die Damen bei den Olympischen und Paralympischen Winterspielen in Vancouver und in Whistler den Herren, wo es sportlich lang geht, so setzte sich dieser Trend auch bei den Olympischen Jugendsportspielen in Singapur oder bei einigen Welttitelkämpfen und EM in olympischen Sportarten fort.

Zuletzt sorgten die reitsportlichen Amazonen Meredith Michaels-Beerbaum und Janne Friederike Meyer bei den Weltreiterspielen in Kentucky für Furore. Und auch beim Weltcup-Auftakt im alpinen Skisport (Riesenslalom) in Sölden demonstrierten Viktoria Rebensburg (Rang 1), Kathrin Hölzl (Platz 2) und Maria Riesch ihre große Klasse.

Eine der vielseitigsten und erfolgreichsten Athletinnen „Made in Germany“ 2010 ist jedoch die Moderne Fünfkämpferin Lena Schöneborn, Jahrgang 1986, die nach ihrem Olympiasieg 2008 auch weiterhin zu den Besten in ihrer Sportart gehört. Phänomenal was die junge Dame im Weltcup leistete. Zunächst gewann sie den Weltcup-Auftakt im März in Mexiko, dann folgten die Triumphe in Budapest, in Berlin und in Moskau. Zweimal Silber und einmal Gold gab es für Lena dann bei den EM in Debrecen und – trotz Verletzung – konnte die Kämpferin, im wahrsten Sinne des Wortes, bei den Weltmeisterschaften in China, zweimal Bronze erkämpfen.

Ganz, ganz imposant. Und Lena ist nicht einmal Profi – zwar, was die Hingabe, die Liebe zu ihrer Sportart betrifft, nicht jedoch in puncto „Vergütung“. So studiert sie – neben dem Fünfkampf – an der Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege in Berlin engagiert „Business Administration“. Von Einkünften der Profi-Fußballspieler und Profi-Boxsportler kann Lena aber nur träumen. Dafür darf sich Lena dann gleich in fünf Disziplinen beweisen, die unterschiedlicher kaum sein können: Schießen, Schwimmen, Fechten, Reiten und Laufen – das alles beherrscht Lena fast optimal. Da würden auch Robin Hood oder Xena, die vielseitige und sportive Kriegerprinzessin, vor Neid erblassen …

Nachgefragt bei Lena Schöneborn

„Ich mag die Herausforderungen …“

Frage: Lena, fühlen Sie sich manchmal als weiblicher Robin Hood, bei all den sportlichen Prüfungen, die sie im Laufe eines Wettkampfes ausüben müssen? Was ist für Sie ganz persönlich das Einzigartige am Modernen Fünfkampf?

Lena Schöneborn: Tja, ob ich ein weiblicher Robin Hood bin … Zumindest passt der Vergleich ein wenig. Ich könnte mir schon sehr gut vorstellen, auch mit „Pfeil und Bogen hoch zu Ross“ einen Wettkampf zu bestreiten, aber dann müsste man ja auch die einzelnen Disziplinen etwas modifizieren.

Ansonsten wurde ich ja bereits bei der Verleihung der „Goldenen Henne“ als Aufsteigerin des Jahres 2008 mit einem „James-Bond-Girl“ verglichen. Solche Vergleiche schmeicheln natürlich, aber es ist eine ungemeine Herausforderung, dass ich mich verschiedenen Disziplinen widmen kann, die sehr, sehr unterschiedliche Anforderungen mit sich bringen. Ich mag dabei besonders den Umgang mit Pferden. Allerdings läßt das Trainingspensum und das Studium nicht all zu viel Zeit für die Streicheleinheiten bei den Pferden.
Aber für mich ist der Moderne Fünfkampf die ideale Sportart, die eben sehr abwechslungsreich ist.

Frage: Lena, das Jahr 2010 war für Sie ein „sportlicher Hit“ – auch wenn Sie beim Saison-Finale, bei der WM, verletzungsbedingt sehr beeinträchtigt waren.
Wie lautet Ihr persönliches sportliches Resümee 2010?

Lena Schöneborn: Ich bin sehr froh, dass ich in diesem Jahr meine Leistungen konstant abrufen konnte. Unabhängig von den Erfolgen und den Medaillen war das für mich das Wichtigste in der zurückliegenden Saison. Beim Fechten lief es dabei schon viel besser, obwohl es dort auch noch Steigerungsmöglichkeiten gibt. Mittlerweile habe ich mich aber auch auf der Planche deutlich verbessert. An den Schießleistungen muß ich jedoch noch arbeiten, da bleibt über den Winter noch einiges zu tun. Das Jahr 2010 war für mich jedoch ein insgesamt optimales Jahr.

Frage: Die Französin Amelie Caze war dann in Chengdu die Nummer 1. Sicherlich ist Amelie auch Ihre größte Kontrahentin in London 2012.
Was zeichnet Amelie aus Ihrer Sicht aus?

Lena Schöneborn: Amelie ist eine sehr sympathische und faire Athletin, mit der es viel Spass macht, um die Medaillen zu kämpfen. Im Schwimmen und im Fechten ist sie ganz große Klasse. Insbesondere im Fechten beeindruckt sie, denn wer ständig seine 1000 Punkte und mehr dort holt, könnte sich fast schon bei den Spezialistinnen anmelden.
Amelie ist zudem eine Fünfkämpferin, die ihre Leistungen ständig auf höchstem Niveau abrufen kann. So gewinnt sie oftmals nicht nur die Finals, sondern auch die Halbfinals. Amelie ist schon eine hervorragende Konkurrentin.

Frage: Sie hatten 2010 einen einzigartigen sportlichen Lauf – Serien-Siege im Weltcup, Gold und Edelmetall bei den EM und Edelmetall auch bei den WM.
Fragen Sie sich manchmal selbst „Wow, Lena, ich glaube, ich bin im falschen Film …“ oder haken Sie Erfolge schnell ab und haben schon die nächsten Herausforderungen im Blick?

Lena Schöneborn: Natürlich freue ich mich über jeden Erfolg und Medaillengewinn, von denen ich dann auch eine Weile zehre. Aber ich schaue relativ schnell nach vorn, hake den bestanden Wettbewerb ab und habe dann jeweils die nächsten Herausforderungen im Blick. Das ist schon notwendig, um die Wettkampfspannung das ganze Wettkampfjahr über zu halten. Gute Resultate geben dabei jedoch viel Sicherheit und Selbstvertrauen.

Frage: Sabine Krapf und Kim Raisner sorgten vor Ihnen bei WM für deutsche Medaillengewinne. Sie selbst haben London 2012 im Visier, dann jährt sich auch die Aufnahme des Modernen Fünfkampfes in das olympische Programm zum 100sten Mal.
Wird London – auch deswegen, aufgrund der „historischen Dimension“ – ein ganz besonderer Wettkampf für Sie?

Lena Schöneborn: Als Sportlerin ist natürlich nicht die „sporthistorische Dimension“ eines Wettkampfes entscheidend, sondern der Wettbewerb an sich. Nach dem super Ergebnis von Peking 2008 möchte ich natürlich auch in London 2012 ein optimales Ergebnis erreichen, dass der Moderne Fünfkampf dann 100 Jahre im olympischen Programm sein wird, ist natürlich ein mehr als interessanter Nebeneffekt.

Eines darf man allerdings nicht vergessen: Der Moderne Fünfkampf für Männer feiert dann seinen „100.“ im Olympia-Programm. Wir Frauen durften ja erst seit 2000 olympisch sein. Ich denke mal, dass der runde olympische Geburtstag für die Modernen Fünfkämpfer so richtig unmittelbar vor und dann in London – insbesondere medial – gebührend gefeiert wird. Ich glaube schon, dass London 2012 ein besonderer Wettkampf sein wird.
Aber eines steht jetzt schon fest: Beim 100. olympischen Geburtstag für die Modernen Fünfkämpferinnen werde ich wohl nicht mehr aktiv dabei sein.

Frage: Die ganz großen Sport-Stars in Deutschland sind zurzeit Frauen: die Skisportlerinnen Maria Riesch, Viktoria Rebensburg, die Biathletin Magdalena Neuner, die paralympischen Skisportlerinnen Verena Bentele oder Anna Schaffelhuber, die Schwimmerin Britta Steffen oder deren paralympische Kollegin Kirsten Bruhn, 100 Meter-Sprinterin Verena Sailer, die Reitsportlerin Janne Friederike Meyer, Fechterin Britta Heidemann oder eben Sie, um nur ein paar Beispiele zu nennen.
Sind Frauen Anfang des 21. Jahrhunderts motivierter? Und: Haben Sie eigentlich auch Kontakte zu Sportkolleginnen aus anderen Sportarten?

Lena Schöneborn: Ob nun die Frauen, ganz sportlich betrachtet, tatsächlich erfolgreicher sind … Da müsste man „genau“ die einzelnen Ergebnisse des Sportjahres 2010 heran ziehen. Aber wahrscheinlich haben wir sportiven Frauen in Deutschland zurzeit einen guten Lauf. Ich würde nun aber nicht davon sprechen, dass sich Frauen mehr schinden müssen als Männer. Vielleicht ist es ein Phänomen 2010 – und 2011 sind dann die Männer wieder besser drauf.

Was die Kontakte zu den Kollegen und Kolleginnen aus anderen Sportarten betrifft: Durch Events, wie den „Champion des Jahres“ wird natürlich auch das Interesse am Geschehen in anderen Sportarten geweckt. So entstanden schon einige Kontakte und Freundschaften. Man verabredet sich, tauscht sich über die sportlichen Erfahrungen aus und unternimmt gemeinsam etwas. Doch gerade im Hochleistungssport lassen das intensive Training und der pralle Wettkampfkalender tiefgründige Kontakte kaum zu – leider.

Frage: Das Sportjahr 2010 nähert sich seinem Ende. Was waren für Sie persönlich die Highlights?

Lena Schöneborn: Für mich persönlich war der Weltcup in Berlin die „Kirsche auf der Sahne-Torte“. Die Atmosphäre dort stimmte, das Publikum begeisterte. Es ist doch etwas ganz Besonderes, vor heimischer Kulisse starten zu können und dann noch zu gewinnen. Sehr angenehm empfand ich auch die EM in Debrecen und dass wir Modernen Fünfkämpfer/innen zu den WM in Chengdu ein extra Stadion erhielten, war natürlich schon faszinierend.

Frage: Wie sieht Ihr kommendes Programm aus?

Lena Schöneborn: Ich widme mich gegenwärtig intensiv dem Training in Berlin, bevor es Anfang des kommenden Jahres nach Colorado Springs ins Trainingslager geht. Mit dem EM 2011 wartet ein ganz wichtiger Wettkampf, denn dort geht es auch um die Olympia-Qualifikation – und die muß erst einmal erfolgreich bestritten werden.

Außerdem: In diesem Jahr schloss ich mein  Bachelor-Studium „Business Administration“ erfolgreich ab und studiere seit Oktober 2010 „International Marketing Management“ im Masterstudiengang an der HWR in Berlin.

Frage: Wie feiert eine Olympiasiegerin im Modernen Fünfkampf den Jahresabschluß? Feucht-fröhlich auf der Piste oder eher besinnlich unterm Weihnachtsbaum?

Lena Schöneborn: Natürlich feiert auch eine Moderne Fünfkämpferin feucht-fröhlich und ausgelassen. Sportlerinnen sind zwar sehr diszipliniert, aber auch keine Asketinnen.

Last but not leas
t: Und wann sind Sie mal wieder in M-V?

Lena Schöneborn
: Direkt geplant ist noch nichts. Aber wir waren vor zwei Jahren auf Usedom, eine wirklich „schöne Ecke“ in Deutschland!

Dann alles erdenklich Gute für Sie – sportlich, beruflich und persönlich!

Marko Michels (Text und Foto)

Weitere Informationen über Lena Schöneborn unter www.lena-schoeneborn.com


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