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„Es wurde Zeit, `normale` Menschen kennen zu lernen…“

Der Bobsportler Marko Hübenbecker über seinen Rücktritt vom Leistungssport und sein neues Leben

Mecklenburg-Vorpommern ist nicht nur ein Land der Wassersportler, nein, der deutsche Nordosten bringt auch immer wieder hervorragende Schlittensportler hervor. Der Olympiasieger 1976/80  von der Insel Rügen, Meinhard Nehmer, ist dabei nur das prägnanteste Beispiel.

Zu den bekanntesten Bob-Sportlern mit MV-Hintergrund der Gegenwart gehört Marko Hübenbecker, der 1986 in Anklam geboren wurde und für den Mitteldeutschen Sportclub Magdeburg startet. Die Highlights seiner Karriere waren bisher der WM-Titel 2013, der EM-Titel ebenfalls 2013 und bei Olympia 2014 Rang sechs… Marko beendete, vor sechs Monaten, im Frühjahr 2019 seine sportliche Karriere.

Was waren die Beweggründe?!

MM fragte nach

Marko Hübenbecker über seinen Rücktritt vom Leistungssport, sein neues Leben, weitere Pläne, die Verbundenheit zu seinem Sport, die kommende Bobsport-Saison 2019/20 und Reisen in die alte Heimat M-V

„Es wurde Zeit, `normale` Menschen kennen zu lernen…“

Frage: Sie beendeten im Frühjahr 2019 Ihre sportliche Karriere, Herr Hübenbecker. Was waren die Beweggründe?

Marko Hübenbecker. Foto: BSD/Klaus Listl

Marko Hübenbecker: Es war einfach an der Zeit. Ich hatte die letzten Jahre immer mehr zu kämpfen gehabt, um an meine alte Leistung anzuknüpfen. Es fiel mir zunehmend schwerer, mich zu motivieren und immer mit einhundert Prozent bei der Sache zu sein. Nach insgesamt zwanzig Jahren Leistungssport hat mein Körper auch erste Anzeichen von Ermüdung gezeigt und den will ich noch eine ganze Weile nutzen!

Zudem haben wir im Februar einen zweiten Sohn bekommen und ich entschied für mich, dass es jetzt an der Zeit ist, neue Wege zu gehen.

Frage: Wie wird Ihr neues Leben aussehen?

Marko Hübenbecker: Ich werde ab November in Erfurt am Bahnhof als ganz normaler Polizist Streife laufen. Da freue ich mich sehr darauf. Ich widmete mein ganzes Leben lang dem Sport und hatte auch fast nur mit Sportlern zu tun. Da wird es Zeit, „normale“ Menschen kennen zu lernen.

Frage: Welche weiteren Pläne haben Sie?

Marko Hübenbecker: Wir sind letzten Jahr in unser neues Haus in Erfurt gezogen. Da gibt es noch einiges zu tun. Dazu kommen noch zwei Jungs und eine Frau… Ich möchte das jetzt von Zuhause aus genießen und nicht ständig auf Achse sein. Einfach mal richtig ankommen.

Frage: Bleiben Sie dem Bobsport in anderer Form erhalten?

Marko Hübenbecker: Ja, ich habe bereits das Amt des Präsidenten bei meinem Verein übernommen. Zudem gibt es auch einige Anfragen aus den Verbänden… Ich bleibe dem Sport also erhalten.

Frage: Bald beginnt die neue Bob-Saison… Werden Sie diese verfolgen? Wer sind Ihre Favoriten – bei den WM und im Weltcup – für den Vierer- und Zweierbob?!

Marko Hübenbecker: Natürlich werde ich das. Dieses Jahr ist zudem ein sehr spannendes. Wir haben eine Heim-WM in Altenberg! Dort haben vor allem die Sachsen um Nico Walther und Francesco Friedrich den Willen, sich die Krone aufzusetzen. Francesco wird versuchen, das sechste Mal in Folge Weltmeister im Zweier zu werden… Das wäre Rekord! Daran können ihn meiner Meinung nach auch nicht viele hindern, wenn man auf die letzten Jahre blickt. In der vergangenen Saison hat er nicht ein Rennen verloren.

Im Vierer wird es etwas spannender. Viele haben in Material und Mannschaft investiert und werden versuchen, Franz vom Thron zu stoßen.

Ich drücke natürlich den Athleten aus meinem Verein die Daumen und hoffe auf wenig Stürze bzw. Verletzungen.

Frage: Sind Sie nun wieder öfter in der alten Heimat, in M-V?!

Marko Hübenbecker: Sollte man meinen, aber der Weg ist nicht weniger geworden. 500 Kilometer sind ein ganzes Stück, egal ob mit der Bahn oder dem Auto… Aber: Ab und an schaffe ich es trotzdem in den Norden. Der Fünfjährige stöhnt zwar immer, ihm sei die Fahrt zu weit, aber an der Ostsee ist er dann doch gerne.

Vielen Dank und weiterhin viel Erfolg!


 

Exkurs: Olympische Bobsport-Wettkämpfe und M-V

Olympische Bob-Entscheidungen – das waren ansonsten in der Vergangenheit, seit den Winterspielen 1976, und ebenfalls in der Gegenwart auch oftmals Wettkämpfe mit M-V-Beteiligung. Das war vor fast drei Jahren, 2014, nicht anders.

Zurückgeblickt: Vor mehr als vier Jahrzehnten – zweimal olympisches Gold nach Rügen

Vor mehr als  vier Jahrzehnten, am 24.Februar 1976, triumphierte in Innsbruck-Igls der aus Rügen stammende Meinhard Nehmer mit seinem Team (Jochen Babock, Bernhard Germeshausen, Bernhard Lehmann) mit 46 Hundertstel Sekunden Vorsprung vor Schweiz II mit dem Piloten Erich Scherer, der Bundesrepublik Deutschland I mit dem Piloten Wolfgang Zimmerer, Onkel der früheren alpinen Erfolgs-Skifahrerin Maria Höfl-Riesch, und DDR II mit dem Piloten Horst Schönau. Bereits die olympische Entscheidung im Zweier-Bob 1976, am 7.Fenruar, hatte seinerzeit Meinhard Nehmer für sich entschieden.

Meinhard Nehmer mit dreimal Gold 1976/80

Den Vierer-Erfolg von Innsbruck-Igls 1976 wiederholte Meinhard Nehmer 1980 in Lake Placid. Nachdem es für den Rüganer acht Tage zuvor, am 16.Februar „nur“ Bronze im Zweier gegeben hatte, siegte er am 24.Februar 1980 mit DDR I und der Besatzung Bogdan Musiol, Bernhard Germeshausen und Hans-Jürgen Gerhardt klar mit fast einer Sekunde Vorsprung vor Schweiz I mit dem Piloten Erich Schärer (DDR I: 3:59,92, Schweiz I: 4:00,87).

14 Jahre später gab es für zwei Vorpommern eine bobsportliche Bronze-Medaille im Vierer bei den Winterspielen 1994 in Lillehammer. Hinter Deutschland II mit dem Piloten Harald Czudaj, Schweiz I mit dem Piloten Gustav Weder belegten der gebürtige Neubrandenburger Ulf Hielscher sowie der gebürtige Stralsunder Carsten Embach (dazu der gebürtige Brandenburger Rene Hannemann) im Bob Deutschland I des Piloten Wolfgang Hoppe am 27.Februar 1994 Rang drei.

Vier Jahre später, bei den Winterspielen 1998 in Nagano,  kam der Vierer-Bob Deutschland I mit dem Piloten Harald Czudaj und dem einstigen Zehnkampf-Weltmeister (1987) sowie Zehnkampf-Olympia-Silbermedaillengewinner (1988) Torsten Voss (bis 1990 SC Traktor Schwerin) auf Platz acht. Es gewann damals Deutschland II mit dem Piloten Christoph Langen.

2002 – Gold für einen Stralsunder

In Salt Lake City, bei den Winterspielen 2002, gab es dann endlich Gold für den gebürtigen Stralsunder Carsten Embach im Vierer-Bob Deutschland II des Piloten Andre Lange (mit Carsten Embach, Enrico Kühne, Kevin Kuske). Am 23.Februar 2002 gewannen die Vier im Vierer vor USA I mit Piloten Todd Hays und USA II mit Piloten Brian Shimer.

Von Marko Hübenbecker zu Christian Jagusch

Danach setzte Marko Hübenbecker diese olympische Bob-Tradition für M-V 2014 in Sotschi fort. Und der einstige Rostocker Kugelstoßer Christian Jagusch, Jahrgang 1992, der 2017 von der Leichtathletik zum Bobsport wechselte, hegt auch olympische Ambitionen.

M.Michels

 

 


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