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Die Rugby-WM 2015 im Rückspiegel

Nachgefragt beim Deutschen Rugby-Verband

Nur noch rund 50 Tage bis zum Jahresfinale. Auch für die Rugby-Spieler neigt sich das Jahr seinem Ende entgegen, zumal die Weltmeisterschaften der Rugby-Union am 31.Oktober mit großen Emotionen beendet wurden. Die „All Blacks“, das Team aus Neuseeland, wurde nach 1987 und 2011 zum dritten Mal, bei den WM 2015 in England, Rugby-Weltmeister vor Australien, Südafrika und Argentinien.

Die bisherigen WM-Titel der Rugby-Union erkämpften zudem Australien (1991, 1999), Südafrika (1995, 2007) und England (2003).
Nachdem 15er Rugby 1900 (Sieger: Frankreich), 1908 (Sieger: „Australasien“), 1920 und 1924 (jeweiliger Sieger: USA) olympisch war, wurde 7er Rugby ab Rio 2016 in das olympische Programm aufgenommen.

Wie beurteilt nun Matthias Hase, Pressereferent des Deutschen Rugby-Verbandes, das rugby-sportliche Geschehen regional, national und international?!

Nachgefragt

M.Hase über die WM der Rugby-Union 2015, das kommende olympische Turnier 2016, die Entwicklung des Rugby-Sportes in Deutschland, den Zuspruch bei den Kindern und den Rugby-Sport in M-V

„Die Rugby-WM war Thema – ob auf der Arbeit, beim Einkauf oder in der Kneipe…“

Frage: Herr Hase, die WM der Rugby-Union 2015 ist wieder Geschichte… Wie lautet Ihr Resümee zu den Welttitelkämpfen 2015, die für Europa ja ziemlich suboptimal verliefen?!

Matthias Hase: Die Weltmeisterschaft war beste Werbung für den Rugby-Sport. Die abgelaufene WM hat – auf und neben dem Platz – alle Rekorde gebrochen, was Zuschauer und Sponsoren anbelangt.

Mit Neuseeland und Australien standen zudem die beiden besten Mannschaften des Turniers im Finale, das mit den „All Blacks“ einen würdigen Sieger gefunden hat.

Die Halbfinal-Paarungen mit den beiden weiteren Teams aus der Südhemisphäre, Südafrika und Argentinien, spiegeln zudem aktuell das Kräfteverhältnis im internationalen Rugby wieder.

Diese vier Mannschaften sind den europäischen Schwergewichten spielerisch und taktisch enteilt. Dennoch bleibt festzuhalten, dass die Rugby-Welt enger zusammengerückt ist.

Dreistellige Ergebnisse gehören der Vergangenheit an. Die „Kleinen“ holen gegenüber den „Großen“ Stück für Stück auf. Das beste Beispiel für diese Entwicklung ist Japan, das sensationell den zweifachen Weltmeister Südafrika in der Gruppenphase geschlagen hat und als erstes Team in der WM-Geschichte mit drei Siegen dennoch nach der Vorrunde die Segeln streichen musste.

Des Weiteren hat sich Georgien als Gruppen-Dritter zum ersten Mal für eine Weltmeisterschaft (Japan 2019) direkt qualifiziert. Die „Pacific Islanders“ Fidschi, Samoa und Tonga müssen hingegen in die WM-Qualifikation, was auch ein Novum darstellt.

Erfreulich ist auch die Resonanz in Deutschland auf die Weltmeisterschaft in England. Eurosport hat mit den Live-Übertragungen senderinterne Einschaltrekorde gebrochen. Und die deutschen Print- und Online-Medien haben landauf und landab regelmäßig breit über die Spiele in England und Wales berichtet.

Selbst die ARD-Sportschau und die ZDF-Sportreportage haben in längeren Berichten einen Fokus auf die drittgrößte Sportveranstaltung der Welt geworfen. Die Rugby-WM war Thema – ob auf der Arbeit, beim Einkauf oder in der Kneipe. Viele Menschen zeigten sich fasziniert und gefesselt von dem doch ihnen bis dahin unbekannten Sport.

Frage: Wird der Olympiasieg für Neuseeland 2016 damit „ein Selbstläufer“?

Matthias Hase: Das klassische 15er-Rugby und das olympische 7er-Rugby sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Neuseeland ist zwar auch im 7er-Rugby amtierender Weltmeister, aber ist für die olympischen Spiele in Rio 2016 noch nicht qualifiziert.

Aktuelle Sieger der „Sevens World Series“ ist zudem Fidschi. Besonders in der olympischen Rugby-Variante spielen Mannschaften, die im 15er-Rugby lediglich zur erweiterten Weltspitze gehören, eine viel größere Rolle. Und auch die europäischen Top-Nationen investieren nun verstärkt mehr Personal und Geld in das 7er-Rugby, nachdem es olympische Weihen erhalten hat und in Rio 2016 zum ersten Mal zum olympischen Programm gehört.

Nicht zu vergessen ist dabei die deutsche 7er-Nationalmannschaft, die noch im Rennen um ein Ticket für Rio ist. Nach einem hervorragenden fünften EM-Platz in der drei Turniere umfassenden Grand Prix Series 2015 und einem anschließend bärenstarken zweiten Rang im europäischen Olympia-Qualifikationsturnier besitzt die DRV VII immer noch die Chance, sich als letztes Team unter 16 Mannschaften beim Welt-Qualifikationsturnier für Rio zu qualifizieren.

Die DRV-Spieler, darunter acht Sportsoldaten, ackern für ihren Traum von Olympia jeden Tag knallhart. Dabei zeigt sich, dass beim richtigen Einsatz von personellen und finanziellen Ressourcen im 7er-Rugby die Lücke zu den Top-Nationen schneller zu schließen ist als in der klassischen Variante. Als Beweis dient die knappe 10:17-Niederlage der DRV VII gegen die „All Blacks“ bei einem Vorbereitungsturnier in Australien. Die olympische Goldmedaille wird für Neuseeland daher kein Selbstgänger sein.

Frage: In Deutschland ist Rugby noch eine Randsportart. Wie viele aktive Spielerinnen bzw. Spieler sowie Vereine gibt es hierzulande eigentlich?

Matthias Hase: Im Deutschen Rugby-Verband sind rund 15000 Spieler und Spielerinnen in etwas 125 Vereinen organisiert. Los geht es bei der Altersklasse U 6 und hört bei den „Old Boys“ mit mehr als 60 Jahren auf. Das Ligen-System ist dabei von der ersten Bundesliga bis regional in die fünfte Liga herunter organisiert.

Frage: Wie beurteilen Sie die Entwicklung des Rugby-Sportes in Deutschland in den letzten Jahren? Gibt es regen Zuspruch bei den jungen Sportinteressierten?

Matthias Hase: Die Tendenz an Mitgliederzuwachs und Vereinsgründungen zeigt seit mehreren Jahren nach oben. Besonders im Nachwuchsbereich ist ein starker Anstieg von Kinder und Jugendlichen zu verzeichnen. So gibt es auch immer mehr Vereine, die sich nur auf die Nachwuchsarbeit konzentrieren.

Leider fehlt es in Deutschland noch an einem flächendeckenden und regelmäßigen Spielverkehr im Kinder- und Jugendbereich. Doch der DRV arbeitet daran, auch im Jugendbereich leistungsorientiertes Rugby anzubieten.

Ein erster Erfolg zeigt sich dabei mit der Neugründung der U 19-Nationalmannschaft, die bei der jüngsten Europameisterschaft den fünften Platz belegt hat. Daneben gibt es im Herrenbereich noch Nationalmannschaften in den Jahrgängen U 16 und U 18 sowie eine U 18-Nationalmannschaft bei den Frauen.

Frage: Auch in M- hat Rugby eine gute Heimat. Gerade die „Dierkower Elche“ in Rostock erfahren viel Resonanz. Wie ist Ihre Meinung zur „Rugby-Region M-V“…

Matthias Hase: Mag es für die gehobenen sportlichen Ansprüchen in Mecklenburg-Vorpommern noch nicht reichen, so ist das Rugby im Nord-Osten der Republik ein wichtiger Mosaikstein auf der Rugby-Landkarte Deutschlands.

Jeder Verein ist wichtig, um Spieler und Spielerinnen an den Rugby-Sport heranzuführen und zu binden. Die Spitze kann nur auf einer breiten Basis gedeihen. So kenne ich Spieler, die in Rostock ihre ersten Schritte im Kampf um das ovale Leder begonnen haben und nun beim Hamburger RC in der 1. Bundesliga spielen.

Und auch im Frauenbereich hat die eine oder andere Nationalspielerin ihre sportlichen Wurzeln in Rostock. Je mehr Vereine Rugby anbieten, desto größer wird der Sport in Deutschland. Das gilt auch für Mecklenburg-Vorpommern.

Vielen Dank, weiterhin bestes Engagement für den Rugby-Sport und maximale Erfolge auch für die deutschen Teams!

Marko Michels


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