Das Schach-Jahr 2016: Zwischen M-V, Deutschland und der Welt
Zu den Landesmeisterschaften M-V, den Schach-Olympiaden und den WM
Die Schach-WM der Herren 2016 ist längst entschieden. Der Titelverteidiger Magnus Carlsen aus Norwegen hatte dabei gegen seinen Herausforderer Sergej Karjakin aus Russland mächtig zu kämpfen, stand lange am Rand einer Niederlage. Letztendlich setzte sich der Norweger in den Blitz-Schach-Partien durch.
Bereits im März verteidigte die Chinesin Hou Yifan ihren WM-Titel gegen die Ukrainerin Marija Musytschuk mit 6:3 in Lwiw.
Die Schach-Landesmeister von M-V wurden 2016 ebenfalls gekürt: Svetlana Morozova (Makkabi Rostock) und Karsten Schulz (Schachfreunde Schwerin) wurden die neuen Titelträger.
Wie beurteilt nun Sven Helms, Vize-Präsident des Landesschachverbandes M-V und Vorsitzender der Schachfreunde Schwerin, die erneute Weltmeisterschaft von Magnus Carlsen?
S.Helms zur Schach-WM der Herren 2016
„Schachsportlich sind beide Spieler Koryphäen…“
Frage: Der Norweger Magnus Carlsen verteidigte zum dritten Mal nach 2013 seinen Schach-WM-Titel, musste allerdings sehr hart um diesen kämpfen. Wie beurteilen Sie die Weltmeisterschaft 2016 von Carlsen?
Sven Helms: Wie erwartet war das diesjährige WM-Match eine enge Angelegenheit. Die Ausgeglichenheit des Matches spiegelt sich auch darin wieder, dass die normalen Partien nicht ausreichten, einen Sieger zu ermitteln.
Karjakin leistete erbitterten Widerstand und konnte sogar zwischendurch einen Fehler des Weltmeister zu einem Partien-Gewinn und der Führung im Wettkampf ausnutzen. Alles in allem ist Carlsen aber zu Recht Weltmeister geblieben. Als es eng für ihn wurde, zeigte er seine extreme nervliche Stärke, konnte das Match wieder ausgleichen und sein Plan, den Titel in den Stichkampf-Partien zu verteidigen, ging klar auf. Denn: In den Schnellpartien war er nicht nur der bessere Spieler, er zeigte es da auch.
Frage: Was halten Sie vom Modus der Schach-WM? Dass der Titel letztendlich im Blitz-Schach entschieden wird, halten einige ehemalige Schach-Weltmeister für sportlich nicht sachgerecht…
Sven Helms: Zwölf Partien sind für ein WM-Match zu wenig. Wenn die dort agierenden besten Spieler der Welt um die Krone im Schachsport wetteifern, sollten es wenigstens sechzehn Partien sein.
Man muss ja nicht gleich zu den alten Matches zurückkehren, die manchmal zweieinhalb Monate dauerten. Sollte es dann nach Ende des Wettkampfes unentschieden stehen, darf der Weltmeister nicht mehr wie früher seine Titel verteidigt haben, sondern es sollte dann zwingend eine Entscheidung geben.
Vier Partien Schnellschach sind für mich keine so schlechte Lösung. So wie in New York geschehen, waren die Zuschauer vor Ort – von den Schachfreunden Schwerin war tatsächlich jemand live da – und im Netz mit Begeisterung beim Stichkampf dabei.
Letzte Frage: Was zeichnete die beiden Schach-Genies Magnus Carlsen und Sergej Karjakin aus Ihrer Sicht aus?
Sven Helms: Wie schon in der Vorschau geschrieben: Altersmäßig nehmen sie sich beide nichts, das war einer der großen Nachteile von ehemaligen indischen Weltmeister Anand in den früheren Matches. Schachsportlich sind beide Spieler Koryphäen, auch da sind die Unterschiede eher marginal.
Carlsen machte ein bisschen mehr den Eindruck, dass er gewinnen wollte. Bei Karjakin verfestigte sich während der Dauer des Wettkampfes vielfach der Eindruck, dass er seine Chancen nicht zwingend genutzt hat, er wollte einfach nicht immer den Sieg suchen.
Aber das kann man durchaus auch noch lernen. Es ist nicht unmöglich, dass der Russe noch mal wiederkommt. Geplant ist die nächste Weltmeisterschaft im November 2018. Schauen wir mal gespannt auf die weitere Entwicklung des Weltschachs.
Vielen Dank, dann weiterhin bestes Engagement für den Schachsport, schöne Feiertage bzw. einen optimalen Jahreswechsel und maximale Erfolge, nicht nur im Schach, 2017!
… Zur weiteren Information:
Es gab im Sommer 2016 nicht nur Olympische und Paralympische Spiele in Rio de Janeiro. Im September fand zudem die 42.Schach-Olympiade in Baku statt. Beim dortigen offenen Turnier, bei dem mehrheitlich die Herren aktiv waren, siegten die USA vor der Ukraine, Russland, Indien und Norwegen. Beim reinen Frauen-Turnier setzte sich China vor Polen, der Ukraine und Russland durch. Die deutsche Mannschaft wurde im offenen Turnier 37. und im Frauen-Turnier 31.
Dazu Sven Helms: Sven Helms: „Mit USA bei den Männern und China bei den Frauen gab es zwei Siegerteams, die man durchaus vorne erwarten konnte. Zu den beiden amerikanischen Spitzenspielern Hikaru Nakamura und Wesley So konnte mit Fabiano Caruana ein dritter Weltklasse-Athlet gewonnen werden.
Caruana hat zwar einige Zeit für Italien gespielt, ist aber in Miami geboren und verfügt über amerikanische Wurzeln. Die amerikanische Mannschaft spielte souverän durch, hatte aber in der letzten Runde gegenüber den zweitplatzierten Ukrainern Glück mit der Wertung. Das System ist derart kompliziert, kurz gesagt: Der Ausgang des Wettkampfs Deutschland gegen Estland an Tisch 28 (!) entschied über Gold und Silber. Das können sich so auch nur Schachspieler ausdenken…
Bei den Frauen ist China schon lange in der Weltspitze angekommen und verfügt eine große Anzahl ausgezeichneter Spielerinnen. Es gab es in der letzten Runde ein echtes Finale gegen Russland, China gewann knapp mit 2,5:1,5 und sicherte sich so die Goldmedaille.“
Marko Michels